Fachgespräch und kontroverse Debatte über Forderungen der Hohenzollern im Ausschuss

Archivfoto aus der 7. Sitzung des Ausschusses Wissenschaft, Forschung und Kultur am 19.08.2020. Die aktuelle Sitzung fand per Videokonferenz statt.
Archivfoto aus der 7. Sitzung des Ausschusses Wissenschaft, Forschung und Kultur am 19.08.2020. Die aktuelle Sitzung fand per Videokonferenz statt.
© Landtag Brandenburg
Potsdam, 20. Januar 2021. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landtages Brandenburg hat sich in einem Fachgespräch eingehend mit den Rückgabe- und Entschädigungsforderungen des Hauses Hohenzollern gegen das Land Brandenburg befasst. Neben der Frage, ob ein rechtlicher Anspruch auf Entschädigung bestehe, ging es auch darum, ob das Land eine Lösung vor Gericht oder am Verhandlungstisch anstreben solle.

Unter dem Titel „Rückgabe und Entschädigungsforderungen der Hohenzollern – Auswirkungen auf die Kulturlandschaft des Landes Brandenburg und Positionierung der Landesregierung“ waren mehrere Experten eingeladen. In dem seit Jahren andauernden Streit fordern die Hohenzollern unter anderem Entschädigungen von mehr als einer Million Euro für Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese sind laut Gesetz ausgeschlossen, wenn die Betroffenen – in diesem Fall der damalige Kronprinz Wilhelm von Preußen – dem Nationalsozialismus „erheblichen Vorschub“ geleistet haben.

Privatdozent Dr. Winfried Süß vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam betonte in seinem Eingangsstatement: „Es gibt in dieser Frage keinen Historikerstreit.“ Er sei „skeptisch, ob neue Quellenfunde das Gesamtbild noch einmal zugunsten des Kronprinzen ändern“ werden. Zur Aufarbeitung der Geschichte der Hohenzollern empfahl er die Einsetzung einer Historikerkommission.

Der Rechtsstreit mit dem früheren Herrscherhaus sei „eine öffentliche Angelegenheit, die öffentlich mit größtmöglicher Transparenz geführt werden sollte“. Eine Wiederaufnahme der Verhandlungen sei aber erst dann denkbar, wenn die Hohenzollern sämtliche juristischen Schritte gegen Wissenschaftler und Journalisten zurücknähmen, die sich zur NS-Belastung der Hohenzollern positioniert hätten. Dies forderte auch der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr, der sich für „weitere Verhandlungen unter bestimmten Bedingungen“ aussprach. Es müsse „eine realistische Chance“ bestehen, dass ein erheblicher Teil der gefährdeten Kulturgüter in öffentlicher Hand bleibe. Von den Rückgabeforderungen sind unter anderem Tausende Ausstattungsgegenstände von Schlössern, Dokumente und Kunstwerke betroffen. Deren Wegfall wäre ein „schwerer Rückschlag“, der „bedeutsame Auswirkungen auf den öffentlichen Auftrag“ der Schlösserstiftung hätte, warnte Vogtherr.  

Kultur- und Wissenschaftsministerin Dr. Manja Schüle betonte in der Videokonferenz, die Debatte gehöre „in die Öffentlichkeit und nicht in die Hinterzimmer“. Es gehe um keine Privatangelegenheit, sondern „um Kulturgüter unserer Geschichte“ und deren Zugänglichkeit. Ein wissenschaftsbasierter Diskurs könne derzeit aufgrund der zahlreichen Abmahnungen gegen Journalisten und Wissenschaftler nicht stattfinden, kritisierte sie.

Zur Frage, ob das Land Brandenburg eher ein Urteil in dem derzeit ruhenden Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam oder einen Vergleich anstreben sollte, gab es eine kontroverse Debatte im Ausschuss. Die geladenen Juristen stellten die Verhandlungsposition der öffentlichen Hand als sehr schwierig dar. Prof. Dr. Sophie Schönberger von der Juristischen Fakultät der Universität Düsseldorf sprach von einer „sehr vertrackten Situation“. Einerseits sei das Risiko „sehr gering“, dass das Land den Prozess, in dem es um die Entschädigungszahlungen geht, verlieren werde. In diesem Verfahren werde aber nicht geklärt, was aus dem Inventar betroffener Schlösser, den Kunstwerken sowie zahlreichen Leihgaben werde. Prof. Dr. Klaus Gärditz vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bonn sagte, aus seiner Sicht sei ein Vergleich für das kulturpolitische Interesse des Landes zielführender, da dieser einen „vernünftigen Gesamtkompromiss“ ermögliche. Anderenfalls gebe es „eine Summe an Unsicherheiten“. Zugleich betonte er, dass die Erwartungen an die juristische Auseinandersetzung realistisch bleiben müssten: „Ein Urteil wird in keiner Weise die Frage beantworten, welche Rolle die Familie Hohenzollern in der deutschen Geschichte gespielt hat.“ Dies sei die Aufgabe von Historikern.