Landtag debattiert über Bevölkerungs- und Katastrophenschutz

Potsdam, 23. Juni 2022. Unter dem Eindruck der verheerenden Waldbrände in Treuenbrietzen und Beelitz vor wenigen Tagen hat der Landtag in einer Aktuellen Stunde über notwendige Schritte zur Anpassung des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes diskutiert.

Die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Bedrohung, Bereitschaft und Bevölkerungsschutz. Krisenmanagement für Brandenburg weiterentwickeln“ hatte die CDU-Fraktion turnusgemäß beantragt. Ihr Vorsitzender Dr. Jan Redmann lobte die „beeindruckende Zusammenarbeit“ der Einsatzkräfte am Wochenende zuvor und betonte: „Wir hatten Glück, dass der Regen kam, aber wir dürfen uns nicht auf Glück verlassen.“ Seit den massiven Waldbränden in Treuenbrietzen vor vier Jahren sei viel passiert. Redmann nannte als Beispiel die Anschaffung von mehr als 30 neuen Tanklöschfahrzeugen. Weitere Investitionen in Technik, Ausbildung und Vorsorge seien aber nötig. Sein Fraktionskollege Björn Lakenmacher erklärte, dass seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine auch in Brandenburg eine militärische Bedrohungslage gegeben sei: Mit dem Einsatzführungskommando und aufgrund seiner geografischen Lage habe Brandenburg eine geostrategische Bedeutung, so „dass wir im Falle der Landes- und Bündnisverteidigung ein potentielles Ziel für militärische Angriffe sind“. Lars Schieske von der AfD-Fraktion betonte, dass die Zahl der Einsatzkräfte in der Feuerwehr in den vergangenen 20 Jahren stetig gesunken sei: Waren es 2002 noch mehr als 50.000 aktive Kameradinnen und Kameraden, zählte man 2022 nur noch 37.000. Diese Entwicklung führte er auch auf ein Defizit an Wertschätzung gegenüber den Feuerwehrleuten zurück. Er erinnerte an den bundesweiten Warntag 2020, der gravierende Mängel beispielsweise mit Blick auf die Anzahl und Funktionstüchtigkeit von Sirenen zutage gebracht habe.

Uwe Adler hob für die SPD-Fraktion die Bedeutung des Ehrenamts hervor: „Unser Bevölkerungsschutzsystem baut auf Hilfsorganisationen, in denen sich Leute freiwillig engagieren und helfen.“ Es gehe darum, das Land und die Menschen, die Kritischen Infrastrukturen und Systeme „sicher und resilient auf unbekannte Zukunftsszenarien vorzubereiten“. Katastrophen, Kriege, Pandemien, Extremwetterereignisse oder Angriffe und Attacken auf diese Infrastrukturen gehörten zu den Lebensrisiken. Marlen Block von der Fraktion DIE LINKE nannte Brandenburg „das Brandland Nummer eins“. Von zentraler Bedeutung zum Schutz sei, dass der Waldumbau massiv vorangetrieben werde. Bei der Entmunitionierung der Wälder müsse die Beteiligung des Bundes gesichert sein. Große Investitionen in Sirenen bezeichnete sie dagegen als wenig sinnvoll: „Das ist nicht auf der Höhe der Zeit.“ Heiner Klemp von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machte auf die zunehmende Bedrohung durch Cyberangriffe aufmerksam. Um sich dagegen zu wappnen, brauche es „weitere Anstrengungen, wenn wir nicht wollen, dass die Aufrechterhaltung unserer Kritischen Infrastrukturen vom Glück abhängt“. Seine Fraktionskollegin

Ricarda Budke betonte, die Klimakrise werde Wetterextreme wie Trockenheit und Hitze weiter verschärfen und öfter auftreten lassen. Jungen Menschen und künftigen Generationen sei man es schuldig, sich der Klimakrise entgegenzustellen. 

Matthias Stefke von der Fraktion BVB/FREIE WÄHLER warb für weitere Investitionen in „modernstes Gerät“ und die Schulung von Feuerwehren, um diese auf Extremeinsätze vorzubereiten. Hierbei komme der Landesschule und Technischen Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz Brandenburg erhebliche Bedeutung zu. Problematisch sei, dass diese an ihre Kapazitätsgrenzen stoße und bereits „ein nicht unerheblicher Ausbildungsstau“ zu beklagen sei. Der Minister des Innern und für Kommunales, Michael Stübgen, dankte den Kräften von Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr und Forst für ihren „heldenhaften Einsatz“ bei der Bekämpfung der Brände in Beelitz und Treuenbrietzen. Mit Verweis auf „Bedrohungen, die so vielfältig sind wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr“, mahnte er höhere Ausgaben im Bereich des Bevölkerungs-, Brand- und Katastrophenschutzes an: Eine Summe von 300 Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren sei geboten, um die Bevölkerung zu schützen, so der Minister. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Dr. Hans-Christoph Berndt, kritisierte Landes-  und Bundesregierung: „Während Sie in Brandenburg und im Bund die realen Bedrohungen lange Zeit ignoriert haben, sind Sie bereit, für imaginierte Bedrohungen wie den zur Klimakrise übersteigerten Klimawandel oder die zur Jahrhundertplage übersteigerte Corona-Epidemie unsere gesamte Volkswirtschaft und die Gesundheit der Menschen zu opfern.“ Es gebe keine Zunahme von Extremwettern, sagte er und betonte: „Der wichtigste Bevölkerungsschutz sind sichere Grenzen.“

Eine Entschließung der Fraktionen SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 7/5739) wurde einstimmig mit Enthaltungen angenommen. Ein Entschließungsantrag der AfD-Fraktion zur Errichtung einer Löschflugzeugstaffel in Brandenburg (Drucksache 7/5737) wurde mehrheitlich abgelehnt.

Blick in die Aktuelle Stunde auf Antrag der CDU-Fraktion in der 70. Sitzung des Landtages Brandenburg.
Blick in die Aktuelle Stunde auf Antrag der CDU-Fraktion in der 70. Sitzung des Landtages Brandenburg.
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