Landtag debattiert über Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine

Potsdam, 23. März 2022. Der Landtag Brandenburg hat erneut über die Lage in der Ukraine beraten und darüber diskutiert, wie in Brandenburg ankommenden Geflüchteten aus dem Kriegsgebiet geholfen werden kann.

Die Aktuelle Stunde zum Thema „Aus Solidarität mit der Ukraine erwächst konkrete Verantwortung – Brandenburg leistet seinen Beitrag“ hatte turnusgemäß die SPD-Fraktion beantragt. Deren Vorsitzender Daniel Keller sagte: „Der Krieg in der Ukraine kommt wie eine Urgewalt über Europa. Er wirft uns in Zeiten zurück, die wir bereits hofften überwunden zu haben.“ In Deutschland seien mittlerweile mehr als 200.000 Menschen als Flüchtlinge registriert, täglich kämen etwa 10.000 dazu. Brandenburg werde bei der Aufnahme seinen Beitrag leisten. Den Brandenburgerinnen und Brandenburgern dankte Keller für die „überwältigende Hilfsbereitschaft“ und „gelebte Solidarität“ gegenüber den Geflüchteten. Für die AfD-Fraktion sprach ihr Vorsitzender Dr. Hans-Christoph Berndt, der die „moralisch und menschlich gebotene Unterstützung der Menschen“ aus der Ukraine unterstrich. Zugleich betonte er, dass angesichts der Krise ebenso über Herausforderungen mit Blick auf sicherheits- oder energiepolitische Fragen zu diskutieren sei. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion Dr. Jan Redmann wies darauf hin, dass der Krieg sich über Monate hinziehen könnte. Mit Blick auf die Lieferung von Verteidigungswaffen an die Ukraine müsse Deutschland mehr leisten. In Richtung der Zivilgesellschaft seien zudem „Signale des Zusammenhalts“ wichtig, um die Diskriminierung russischstämmiger Bürgerinnen und Bürger zu verhindern.

Die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Andrea Johlige, forderte die Landesregierung zu raschem Handeln auf. In Brandenburg würden bis zu 40.000 Geflüchtete erwartet: „Ehrenamtlich werden wir all diese Menschen nicht versorgen können.“ Die Staatskanzlei müsse die Koordination der Hilfsmaßnahmen übernehmen. Um die Solidarität der Brandenburgerinnen und Brandenburger nicht zu gefährden, müssten Kürzungen im sozialen Bereich in Folge der Krise ausgeschlossen werden, sagte Johlige. Die Ko-Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Petra Budke, verwies darauf, dass viele aus der Ukraine geflüchtete Menschen länger in Brandenburg bleiben dürften: „Deshalb müssen wir umgehend die Mittel für die Integrationsarbeit erhöhen, weitere Angebote für Sprach und Integrationskurse schaffen, Abschlüsse unbürokratisch anerkennen und Arbeits- und Ausbildungsangebote vermitteln“, sagte Budke, die auch darauf drang, „sehr rasch“ Kita- und Schulplätze zu schaffen. Der Vorsitzende der Fraktion BVB/FREIE WÄHLER, Péter Vida, sagte, in der aktuellen Lage seien Humanismus und christliche Nächstenliebe gefragt. Um die aus der Flüchtlingsbewegung resultierenden Herausforderungen zu bewältigen, brauche es ein „systematischeres Vorgehen als 2015“, darunter eine bessere Kommunikation zwischen Land und Kommunen. Für Anbieter privater Unterkünfte für Geflüchtete forderte Vida eine monatliche Entschädigung für anfallende Zusatzkosten von 100 Euro.

Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke dankte den Bürgerinnen und Bürgern für ihre große Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine sowie dafür, dass sie Schutzsuchenden eine Unterkunft gewährten oder „mit Trost und Herzenswärme“ begegneten. „Wir werden nicht zulassen, dass aus Vertriebenen auch Heimatlose werden“, sagte Woidke. Mit Blick auf russischstämmige Menschen in Brandenburg warnte er, diese dürften nicht Ziel von Hassattacken werden.

Udo Wernitz von der SPD-Fraktion mahnte, die Völkerverständigung dürfe auch in Kriegszeiten nicht abreißen. Die Abgeordnete Lena Kotré von der AfD-Fraktion forderte, alle aus der Ukraine kommenden Kriegsflüchtlinge zu überprüfen und „nicht-ukrainischen Staatsbürgern“ die Einreise zu verweigern. Barbara Richstein von der CDU-Fraktion warf ihrer Vorrednerin vor, zwischen „Flüchtlingen 1. und 2. Grades“ zu unterscheiden.

Katrin Lange, Ministerin der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg, beklagte, dass durch den Angriffskrieg Russlands „30 Jahre politische Arbeit umsonst“ gewesen seien. Alle Kontakte Brandenburgs zu offiziellen russischen Stellen seien abgebrochen. Es sei unklar, wie sich die Beziehungen zu Russland jemals wieder erholen könnten. Ursula Nonnemacher, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, räumte ein, dass mit Blick auf die Versorgung der Geflüchteten „die kommunale Familie die Hauptlast“ trage. Bei der Integration müsse man behutsam vorgehen, da viele Ukrainerinnen und Ukrainer „auf einen vorübergehenden Aufenthalt“ hofften, so Nonnemacher.

Mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE stimmte der Landtag mehrheitlich für den Entschließungsantrag „Brandenburg ist solidarisch mit der Ukraine!“ (Drucksache 7/5313). Anträge der Fraktion DIE LINKE (Drucksache 7/5247) und der Fraktion BVB/FREIE WÄHLER (Drucksache 7/5261) sowie ein Entschließungsantrag der AfD-Fraktion (Drucksache 7/5302) fanden keine Mehrheit.

Vor Eintritt in die Tagesordnung hatte im Plenarsaal des Landtages zum Gedenken anlässlich des Krieges in der Ukraine das Vokalensemble arpadio unter Leitung des Nikolaikantors Björn O. Wiede „Verleih uns Frieden genädiglich“ von Heinrich Schütz und „Bozhe, Ukrayinu khrany…“ (Herr, schütze die Ukraine“) von Valentin Silvestrov gesungen.