Landtag debattiert über steigende Energiepreise

Potsdam, 15. September 2022. Der Landtag hat in einer Aktuellen Stunde erneut über die „Wirtschafts- und Energiekrise in Brandenburg“ diskutiert. Im Mittelpunkt der Debatte, deren Thema die AfD-Fraktion beantragt hatte, standen die Preissteigerungen für Gas, Öl und Strom sowie mögliche Maßnahmen des Staates dagegen.

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Christoph Berndt warf der Landesregierung eine irrationale Energiepolitik vor. Schuld am Preisanstieg und am „Verlust der Versorgungssicherheit“ sei nicht Russlands Krieg gegen die Ukraine, sondern der Ausbau der erneuerbaren Quellen. Die Energiewende sei ökonomischer und ökologischer Irrsinn.

„Die Landesregierung ist mit dieser Krise heillos überfordert“, sagte Berndt. Brandenburg müsse selbst eine Notlage erklären und ein Sondervermögen für eine „Winternothilfe“ auflegen. Der Großteil solle dazu dienen, allen Bürgerinnen und Bürgern bis zu einem Haushaltseinkommen von 120.000 Euro kurzfristig die Lohn- und Einkommensteuer zu ersetzen. Die SPD-Abgeordnete Britta Kornmesser kritisierte, die AfD schüre die Angst der Menschen und verfälsche die Ursachen der Krise: „Aufgrund des Aggressionskriegs Russlands haben sich erhebliche Verwerfungen an den Energiemärkten ergeben.“ Ein Blackout sei laut Stresstest sehr unwahrscheinlich; dennoch kritisierte sie das geplante Abschalten der verbliebenen Atomkraftwerke. „Brandenburg trägt überdurchschnittlich zur Versorgungssicherheit Deutschlands bei“, betonte die SPD-Abgeordnete, auch dank der erneuerbaren Energiequellen. Vom Bund forderte sie, die nationale Notlage zu erklären, um den Ländern das Aussetzen der Schuldenbremse zu ermöglichen.

Der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Sebastian Walter, griff die AfD scharf an: „Was Sie hier erzählen, ist einfach Quatsch“, sagte er. Die AfD lehne die Übergewinnsteuer ab und mache sich so zum „Handlanger für Konzerne und die Profiteure der Krise“, mit denen sie sich nicht anlegen wolle. Sie gehe nicht an die Wurzeln der Probleme, sondern suche einen Schuldigen. „Das kennen wir aus der deutschen Geschichte“, so Walter und fügte hinzu: „Die Menschen lassen sich nicht von Ihnen vereinnahmen, sie stehen zur Demokratie.“ Er forderte einen Gaspreisdeckel für Brandenburg, um die Wirtschaft zu entlasten und zu schützen. Für die CDU-Fraktion lehnte die Abgeordnete Dr. Saskia Ludwig diesen Vorschlag ab. Ein Gaspreisdeckel bedeute, dass Energie zugeteilt werde. Die Zukunftsfrage in der Energiepolitik für Brandenburg und ganz Deutschland bleibe dagegen: „Wenn wir überall aussteigen, wo wollen wir denn dann einsteigen?“ Die CDU-Abgeordnete kritisierte, dass Grüne selbst zusammen mit Bürgerinitiativen Zukunftsprojekte blockiert hätten, nun aber solche Blockaden beklagten. Als Maßnahme gegen den Preisanstieg regte sie eine Senkung von Steuern und Abgaben auf Energie an. „Der Staat hat andere Optionen“ als Eingriffe in das Marktgeschehen oder die Übergewinnsteuer.

Als Redner der Fraktion BVB/FREIE WÄHLER setzte sich der Abgeordnete Dr. Philip Zeschmann ebenfalls dafür ein, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen und notfalls stillgelegte Meiler zu reaktivieren. Auch Kohlekraftwerke müssten aus der Reserve geholt werden. Er monierte, dass es noch immer keine Lösungen für die seit Monaten bekannten Probleme gebe: „Wir müssten viel weiter sein bei der Bekämpfung dieser Krise“, sagte Zeschmann. Die Wirtschaft benötige ein erträgliches Preisniveau für Energie. Die diskutierte Übergewinnsteuer sei „ein richtiger Punkt“. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verteidigte der Abgeordnete Heiner Klemp die Russland-Sanktionen gegen Kritik auch aus der eigenen Koalition. Die Behauptung, sie würden Deutschland mehr schaden als Russland, sei falsch: „Das ist eine unglaubliche Übernahme der russischen Propaganda“, sagte Klemp. Er begrüßte die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für eine Gasumlage. Sie verursache keine zusätzlichen Kosten, sondern stelle „unter dem Strich eine Dämpfung der Kosten“ dar. Auch die Energiewende sei richtig: „Die Zukunft der Energieversorgung ist erneuerbar.“

Im Namen der Landesregierung rief der Wirtschafts- und Energieminister Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach dazu auf, die Themen Versorgungssicherheit und Preise voneinander zu trennen. Beim Tankrabatt etwa habe es „unverschämte Mitnahmeeffekte“ von Ölkonzernen gegeben. Auch manche Forderungen nach drastisch höheren Vorauszahlungen für Gas seien übertrieben und ein Fall für den Verbraucherschutz. Einen Preisdeckel beurteilte der Minister skeptisch: Er sei eine Einladung zu weiteren Preisanhebungen, „weil Vater Staat bezahlt“. Besser sei es, die Zufallsgewinne abzuschöpfen. Zu den Sanktionen gegen Russland unterstrich Steinbach, es sei nicht belegbar, dass der Schaden hierzulande größer sei.

Ein Entschließungsantrag (Drucksache 7/6234) der AfD-Fraktion zum Sondervermögen, Anträge derselben Fraktion auf Aussetzen der Kita-Gebühren (Drucksache 7/6220 [Neudruck]) und von Vorgaben zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) (Drucksache 7/6221) sowie ein Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Gaspreisbremse (Drucksache 7/6212) erhielten keine Mehrheiten im Landtag.

Blick in den Plenarsaal zu Beginn der Aktuellen Stunde auf Antrag der AfD-Fraktion
Blick in den Plenarsaal zu Beginn der Aktuellen Stunde auf Antrag der AfD-Fraktion
© Landtag Brandenburg