„Ein prägender Moment unserer Geschichte“ – Gedenken des Landes Brandenburg an den 17. Juni 1953

Das Land Brandenburg hat heute der Erhebung der Menschen in der DDR vor 60 Jahren gedacht. Bei einer zentralen Gedenkveranstaltung der Verfassungsorgane – Landtag, Landesregierung und Verfassungsgericht – wurden bei der zentralen Veranstaltung im Paulikloster von Brandenburg an der Havel der Mut und der Freiheitswille der Menschen gewürdigt, die sich in den Ereignissen um den 17. Juni 1953 Bahn brachen. Die Festrede hielt die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Ulrike Poppe. Ebenso wie sie betonten Landtagspräsident Gunter Fritsch, Bildungsministerin Martina Münch und Verfassungsgerichtspräsident Jes Möller, dass das Aufbegehren von 1953 zu den prägenden Momenten der Geschichte des neu gegründeten Landes Brandenburg gehört.

Die Landesbeauftragte Poppe sagte unter anderem in ihrer Festrede: „Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 war eine spontane Erhebung, ungeplant und führerlos, die im Kern die Forderungen nach Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Deutscher Einheit enthielt. Etwa eine Million Menschen haben sich an den Protestaktionen beteiligt. In den Städten lösten zwar vorwiegend Arbeiter die Demonstrationen aus, sehr bald aber hatten sich breite Bevölkerungsgruppen angeschlossen. In der DDR wurde der Aufstand offiziell als faschistischer beziehungsweise konterrevolutionärer Putschversuch interpretiert, und diese propagandagesteuerte Lesart verstellte lange Zeit den Blick auf das tatsächliche Geschehen. So herrschte selbst in oppositionellen Kreisen der DDR eine zumindest ambivalente Haltung zum 53er Aufstand vor, die sowohl noch faschistischen als auch schon demokratischen Geist darin ausgedrückt sah. Erst in den 90er Jahren sind diese Sichtweisen revidiert worden und spätestens seit dem 50. Jahrestag  ist der demokratische Charakter des Volksaufstandes allgemein anerkannt. So hat es viele Jahrzehnte gebraucht, ehe diesem historischen Ereignis und seinen Akteuren eine angemessene Würdigung und ein Platz in unserer Freiheitstradition zugebilligt wurden.“

Landtagspräsident Fritsch sagte in seiner Rede: „„Die Ereignisse, die sich in Brandenburg an der Havel heute vor 60 Jahren rund um das damalige Kreisgericht abgespielt haben, gehören zu den bedeutendsten Geschehnissen während des 17. Juni 1953 im gesamten Land Brandenburg. Vor diesem Hintergrund hat sich in der Havelstadt eine vorbildhafte Erinnerungskultur entwickelt. Dass zu deren Pflege insbesondere Jugendliche beitragen, freut mich besonders. Die heute im Rahmen der zentralen Gedenkveranstaltung vorgestellte Multimedia-Präsentation, die in jahrelanger Arbeit von Schülerinnen und Schülern auch außerhalb des Unterrichts gestaltet wurde, vergegenwärtigt uns allen den Wert der Demokratie.“

Bildungsministerin Münch stellte den 17. Juni 1953 in eine Linie mit den Volksaufständen in Ungarn 1956 und Prag 1968 sowie der polnischen Solidarnosc-Bewegung. „Der Volksaufstand wurde blutig niedergeschlagen. Aber in den Köpfen vieler Menschen wirkten die Ideen fort. Sie finden sich wieder in der friedlichen Revolution der Jahre 1989 und 1990. Das macht den 17. Juni zu einem prägenden Moment der deutschen Geschichte. Ein Moment, der schon der Anfangsphase der DDR auf ihr Ende hinweist und uns lehrt: Der Wille zur Freiheit lässt sich niemals dauerhaft unterdrücken. Vor diesem Hintergrund liegt mir besonders am Herzen: Zu unserer Erinnerungskultur gehört, das Gedenken weiterzugeben, junge Menschen dazu zu motivieren, sich mit der Vergangenheit ihres Landes zu beschäftigen.“

Verfassungsgerichtspräsident Möller betonte: „Überall in Brandenburg standen die Menschen am 17. Juni 1953 für Freiheit, Recht und Einigkeit auf. Gegen Panzer waren sie machtlos. Heute sind wir stolz auf sie, denn der Aufstand ist Teil der besten deutschen Freiheitstradition geworden.“

Das Gedenken im Paulikloster mit einem anschließenden Empfang setzte den Schlusspunkt unter eine ganze Reihe von Veranstaltungen in Brandenburg an der Havel. Zunächst war vor dem Gebäude der heutigen Generalsstaatsanwaltschaft, dem früheren Amtsgericht, eine Gedenkstele eingeweiht worden. Später folgte im Innenhof des Gebäudekomplexes eine Kranzniederlegung für die Opfer des Aufstands. Ein Ökumenischer Gottesdienst in der St. Katharinenkirche rundete das Programm ab.