Gemeinsame Pressemitteilung: Jury kürt Sieger für den Wettbewerb „Kunst am Bau“

Siegerentwurf soll 2013 im Innenhof des Landtages errichtet werden

Potsdam – Mit der Wahl der drei Preisträger ist der Wettbewerb „Kunst am Bau“ für den Innenhof des Landtagsneubaus am Alten Markt in Potsdam erfolgreich abgeschlossen worden. Nach der abschließenden Sitzung der Jury haben heute das Ministerium der Finanzen und der Landtag des Landes Brandenburg die von der Jury ausgewählten Siegerentwürfe vorgestellt. Voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2013 soll der Siegerentwurf im Innenhof des neuen Landtages ausgeführt werden.

Der erste Preis ging an Florian Dombois aus Köln mit der Arbeit „Zugabe“, zwei illusionistische Pavillons abgeleitet aus dem Zentraloval des Schlosses Sanssouci. Florian Dombois’ Arbeit ist ein Spiel mit Perspektive und Verzerrung, ihrer historischen und zeitgenössischen Bedeutung; sie thematisiert unter anderem den zeitgenössischen Gedanken der Ortsspezifik und des „Alles-kannverschoben- werden“. Damit tritt Dombois’ Kunstwerk aus dem Innenhof des Landtagsneubaus heraus in den Dialog mit den die Stadt prägenden Schlössern und Gärten.

Bei ihrer Beurteilung hob die Jury besonders hervor, dass die in der ersten Phase eingereichte Arbeit von Florian Dombois grundsätzlich neu konzipiert wurde und dadurch in jeder Beziehung an Überzeugungskraft gewonnen hat. Durch die schablonenhafte Konstruktion ist es eine offene und leichte Situation, die auf jedes kompakte Bauvolumen verzichtet und fast kulissenhaft zur Annäherung einlädt.

Beide illusionistischen Pavillons spielen in Konstruktion und Bildhaftigkeit mit dem eigentlichen historischen Ort, seiner Neuformulierung und bilden neue zeitgenössische Bezüge.
Für gelungen erscheint die vom Künstler angedachte intellektuelle Transformation des ursprünglichen Baukörpers, in dem er mit den jeweiligen Schablonen in Kombination mit dem ovalen Grundriss und den fast ebenerdigen Adaptionen der Säulenkonstruktion perspektivische Dimensionsverschiebungen erreicht. Die gewählte Materialität unterstreicht einerseits den künstlichen Charakter, aber in der Fernwirkung auch die Originalität.

Auf den zweiten Platz kam Annette Paul aus Potsdam mit einem goldenen Schriftzug mit den Worten „Ceci n’est pas un chateau“ auf der Innenhoffassade des Landtagsneubaus. In ihrer Arbeit bezieht sich die Künstlerin auf ein berühmtes Bild einer Pfeife von Rene Magritte, unter der die Worte „Ceci n’est pas une pipe“ stehen. Magritte problematisiert die Abbildhaftigkeit, die gemalte Pfeife ist nur ein Bild und nicht der Gegenstand. Die Künstlerin überträgt diese Infragestellung in überzeugender Weise auf den Landtagsneubau, denn dieser ist kein Schloss (Ceci n’est pas un chateau.).

Den dritten Platz belegte Hester Oerlemans aus Berlin mit der Arbeit „Ein neuer Garten“. Die Künstlerin gestaltet im Innenhof des Landtags einen neuen Garten in Form zweier Gartenteppiche unter Bezugnahme auf die Formensprache des 17. und 18. Jahrhunderts. Diese ersetzen die bauseits geplanten und am historischen Vorbild orientierten Rasenflächen durch Kunstrasenflächen. Die Gestaltung der Gartenteppiche orientiert sich an barocker Ornamentik; sie wird durch Verwendung von zeitgenössischen Symbolen aus dem Bereich der Computerhardware in einen neuen Kontext gestellt.

Die Vorsitzende der Jury Leonie Baumann, Rektorin der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, sagte zum Ergebnis des zweistufigen Wettbewerbes: „Die Auswahl des Werks „Zugabe“ von Florian Dombois stellt den Abschluss eines Prozesses intensiver Auseinandersetzung mit 100 Entwürfen in der ersten Phase und elf Entwürfen in der zweiten Phase dar – die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Werk „Zugabe“ wird beginnen und dann dazu beitragen, den Neubau zum Landtag der Brandenburger – zu ihrem Landtag – zu machen.“

In der ersten Sitzung Anfang März 2012 hatte die Jury aus den eingegangenen 100 Arbeiten elf Entwürfe ausgewählt, die von ihren Verfassern in der zweiten Phase des Wettbewerbs weiter ausgearbeitet wurden. Die Aufgabe der Jury bestand nun darin, aus den verbliebenen elf Arbeiten einen oder mehrere Vorschläge für die künstlerische Ausgestaltung des Landtagsinnenhofes auszuwählen.

Gerrit Große, Vizepräsidentin des Landtages und Vorsitzende der Kunst- und Ausstattungskommission, sagte zum erfolgreichen Abschluss des Wettbewerbsverfahrens: „Ich möchte allen Künstlerinnen und Künstlern im Namen des Landtages unseren Dank und unsere Anerkennung für ihre Teilnahme und die hervorragenden Ergebnisse aussprechen. Wir freuen uns über das große Interesse an dem Wettbewerb und sind immer wieder aufs Neue von der Kreativität und Vielfalt aller 100 eingereichten Arbeiten beeindruckt gewesen. Insbesondere möchte ich aber die Originalität, die gestalterische Qualität und die Prägnanz jeder der elf Arbeiten betonen, die in der zweiten Wettbewerbsphase von ihren Verfassern weiterbearbeitet wurden.“

Für das Ministerium der Finanzen – das den Wettbewerb ausgelobt hatte – erklärte Pressesprecherin Ingrid Mattern: „Für die Realisierung der Kunstwerke stehen insgesamt 480.000 Euro (brutto) zur Verfügung. Damit ist der Wettbewerb Kunst am Bau für den Landtagsneubau der größte Wettbewerb dieser Art des Landes in dieser Legislaturperiode.“

Als Preisgeld standen insgesamt 12.000 Euro zur Verfügung. Dabei ist der 1. Preis mit 11.333 Euro dotiert, der 2. Preis mit 9.333 Euro und der 3. Preis mit 7.333 Euro.

Nach der parlamentarischen Sommerpause werden die elf Entwürfe der zweiten Phase des Wettbewerbs im Rahmen einer Ausstellung im Landtag der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Hintergrundinformation:
Die Jury:
Neben Gerrit Große und Leonie Baumann gehörten der Jury Vertreter aller im Landtag vertretenen Fraktionen, der Landtagsverwaltung und des Ministeriums der Finanzen sowie zahlreiche Expertinnen und Experten an:

  • Prof. Brigitte Rieger-Jähner, Direktorin des Museums Junge Kunst in Frankfurt (Oder),
  • Prof. Michael Braum, Vorsitzender des Vorstands der Bundesstiftung Baukultur,
  • Daniela Dietsche, Geschäftsführerin des Brandenburgischen Verbands Bildender Künstler e.V.,
  • Maria Ossowski, Leiterin der Hauptabteilung Kultur des Rundfunks Berlin-Brandenburg,
  • Barbara Steiner, freischaffend tätige Kuratorin,
  • Prof. Mischa Kuball, freischaffender Künstler,
  • Sabina Grzimek, freischaffende Künstlerin,
  • Prof. Peter Kulka, Architekt des neuen Landtags.

Verfahrensform:
Der Wettbewerb fand in offener Form und zwei Phasen – orientiert an den Richtlinien des Leitfadens „Kunst am Bau“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – statt. In der ersten Phase wurde von den Teilnehmern die Darstellung von Konzepten erwartet, die es dem Preisgericht ermöglichten, einerseits anonym die Entwurfsansätze mit den größten Entwicklungspotenzialen für eine Weiterbearbeitung in der zweiten Phase auszuwählen und andererseits Empfehlungen für die weitere Bearbeitung zu formulieren. In der ersten Phase wurden 100 Arbeiten eingereicht. Aus diesen wählte die Jury in ihrer ersten Sitzung am 2. März 2012 elf Arbeiten aus, die von ihren Verfassern in der zweiten Phase weiter bearbeitet wurden. Zum Abschluss fand am 13. Juni 2012 die Preisgerichtssitzung der zweiten Phase des Wettbewerbs „Kunst am Bau“ statt, bei der die Sieger ausgewählt wurden.
Die erste Phase des Wettbewerbs wurde anonym durchgeführt, in der zweiten Phase hingegen wurde die Anonymität gegenüber der Wettbewerbsjury aufgehoben. Dies eröffnete dann in einem Teilnehmerworkshop die Chance zum direkten Dialog zwischen den Künstlern und dem Preisgericht.

Kunst am Bau:
Im Rahmen des staatlichen und staatlich geförderten Hochbaus ist es das Ziel des Landes Brandenburg, einen Beitrag zu einer hohen Qualität der gebauten Umwelt zu leisten. Daher wird bei öffentlichen Bauvorhaben ein Budget für Kunst am Bau zur Verfügung gestellt. Projektbezogene, speziell für den Ort geschaffene Kunstwerke sollen einen kulturellen Mehrwert für den Ort und die Architektur schaffen; gleichzeitig sind sie finanzielle Unterstützung für Kunst und Kultur im Land.