Sachstand ausgewählter Petitionen in der 6. Wahlperiode (2014–2019)

Gemäß Paragraf 12 Abs. 3 des Petitionsgesetzes kann der Petitionsausschuss beschließen, Petitionen von allgemeiner oder beispielhafter Bedeutung auf seiner Internetseite zu veröffentlichen sowie über den Bearbeitungsstand und das Ergebnis zu informieren.

Nachfolgend finden Sie den Sachstand ausgewählter Petitionen aus der 6. Wahlperiode (2014–2019):

Der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg hat in seiner 56. Sitzung am 19. Juni 2018 beschlossen, seine Antwort auf die vorgenannte Massenpetition gemäß § 7 Absatz 3 des Petitionsgesetzes auf der Internetseite des Landtages zu veröffentlichen:  

Beim Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg gingen ab Mitte Mai 2018 vereinzelt wort-gleiche Postkarten ein, auf denen die Berücksichtigung einer Finanzierung längerer Betreuungszeiten in Kindertagesstätten im Rahmen der aktuellen Überarbeitung des Kindertagesstättengesetzes gefordert wurde. Eine 3. Betreuungsstufe für diese Betreuungsverhältnisse solle eingeführt werden. Diese Postkarten waren nur mit den Namen und den Unterschriften der Absender versehen, nicht jedoch mit deren Anschrift. Der auf der Postkarte angegebene Sozialverband teilte auf telefonische Anfrage mit, dass er für die an den Landtag gerichteten Postkarten nicht verantwortlich sei. Da sich auch kein anderer Sozialverband schriftlich für die Postkarten verantwortlich zeigte, waren diese - nachdem das erforderliche Quorum von 30 Zuschriften überschritten war - als Massenpetition zu behandeln. Am 30. Mai 2018 wurden vor dem Landtag mehrere Tausend Postkarten und zahlreiche Unterschriftenlisten durch verschiedene Sozialverbände an die Landtagspräsidentin übergeben. Insgesamt wurde die Petition von 14 655 Personen unterstützt. Da eine Erörterung des Kindertagesstättengesetzes in der 61. Sitzung des Landtages am 30. Mai 2018 erfolgte, konnte die Massenpetition nicht mehr zur Mitberatung in dem Gesetzgebungsverfahren nach § 8 Satz 2 des Petitionsgesetzes an den zuständigen Fachausschuss abgegeben werden. Auch eine inhaltliche Debatte im Petitionsausschuss war vorfristig nicht mehr möglich.

Der Landtag hat in seiner vorbenannten Sitzung letztendlich mehrheitlich das „Gesetz zum Eintritt in die Elternbeitragsfreiheit in Kitas“, Landtagsdrucksache 6/8818 beschlossen, in dem die Beitragsfreiheit des letzten Kitajahres festgeschrieben ist. Ein Änderungsantrag, das Gesetz zu erweitern und auch eine 3. Betreuungsstufe für längere Betreuungszeiten aufzunehmen, Landtags-drucksache 6/8843, wurde mehrheitlich abgelehnt. Dieser Antrag entspricht dem Anliegen der Petition.

Der Petitionsausschuss kann in dieser Sache nur auf die aktuelle Beschlusslage im Plenum des Landtages verweisen. In der Debatte zu dem Sachverhalt wurde allerdings deutlich, dass die Vertreter der Fraktionen, die den Änderungsantrag abgelehnt haben, einer erneuten Debatte zur Ein-führung einer 3. Betreuungsstufe aufgeschlossen gegenüberstehen. Hierzu sei allerdings noch die Erhebung weiterer Daten notwendig. Auch die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport hat in ihrem Redebeitrag die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass nach Abschluss einer noch laufenden Datenerhebung und unter Berücksichtigung von Untersuchungen der freien Träger hinsichtlich eines gestiegenen Betreuungsumfangs noch in dieser Wahlperiode eine gute Lösung gefunden werden wird.

Aus den vorgenannten Gründen sieht der Petitionsausschuss gegenwärtig keine Veranlassung zu einem weiteren Tätigwerden im Zusammenhang mit dieser Massenpetition. Er hat ihre Behandlung daher abgeschlossen.

Der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg hat sich in seiner 72. Sitzung am 4. Juni 2019 mit einer Petition zum Ausbau von straßenbegleitenden Radwegen befasst. Der Petentin fiel auf, dass ein von ihr begehrter straßenbegleitender Radweg an einer Landesstraße, der 2007 noch Bestandteil der Radwegebedarfsliste des Landes Brandenburg war, im Rahmen der Überprüfung der Radwegebedarfsliste im Jahr 2016 jedoch von dieser entfernt wurde.

Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung begründete diese Streichung gegenüber dem Ausschuss damit, dass im Rahmen der Überprüfung dieser Bedarfsliste eine Alternativroute über einen Waldweg festgestellt worden ist, welche aus Sicht des Ministeriums in gutem Zustand und durchgängig befahrbar sei. Der Landrat erklärte dem Petitionsausschuss hingegen, dass für ihn der gestrichene straßenbegleitende Radweg weiterhin insbesondere zur Schulwegsicherung unverzichtbar sei. Der durch den Wald führende Radweg sei lediglich für touristische Zwecke ausgewiesen worden und für den Schülerverkehr ungeeignet, da er weder befestigt noch beleuchtet ist.

Aufgrund dieser widersprüchlichen Positionen hielt es der Petitionsausschuss für erforderlich, einen Vor-Ort-Termin durchzuführen, in welchem geklärt werden sollte, ob sich die Alternativroute (Waldweg) tatsächlich - wie vom Ministerium behauptet - in einem guten Zustand befindet und durchgängig insbesondere auch für Schüler und den Alltagsverkehr befahrbar ist. Im Rahmen des Vor-Ort-Termins hat der Petitionsausschuss festgestellt, dass es sich bei dem Waldweg um einen befestigten Weg handelt, der zwar für touristische Zwecke geeignet erscheint, der allerdings für den Schüler- und Alltagsradverkehr nur eingeschränkt nutzbar sein kann.

Im Rahmen dieses Termins wurde seitens des Landesbetriebes Straßenwesen erstmalig erläutert, nach welchem methodischen Ansatz die Radwegebedarfsliste 2016 überarbeitet wurde. Es erfolgte demnach eine Vergabe von Punkten für einzelne Kriterien. Der Petitionsausschuss ließ sich daraufhin diesen methodischen Ansatz zur Erstellung der Bedarfsliste übermitteln. Die Petition konnte nunmehr mit eingehenden Erläuterungen zu diesem methodischen Ansatz abschließend beantwortet werden.

Demnach wurden im Rahmen der Überprüfung der Radwegebedarfsliste die Kriterien Schulwegsicherung, Lückenschluss zur Unterstützung von Mobilitätsketten, Verbesserung der Stadt-Umlandbeziehung sowie Anbindung an Bahnhöfe und Lückenschluss touristischer Radfernrouten betrachtet. Hinsichtlich der Schulwegsicherung wird im Rahmen der Methodendarstellung erläutert, dass die Erkenntnisse bezüglich der Fahrradnutzung durch Schüler zeigen, dass der Radverkehrsanteil mit zunehmender Entfernung zwischen Wohnung und Schulstandort kontinuierlich abnimmt und ab einer Entfernung von ca. 10 km zu vernachlässigen ist. Dementsprechend wurde bei der Ermittlung des Bedarfes in der Kategorie Schulweg die Annahme getroffen, dass ein Schüler höchstens einen Schulweg von maximal 10 km zu einer sekundären Schule bzw. maximal 4 km zu einer Grundschule mit dem Rad zurücklegen wird. Diesbezüglich werden bei der Bewertung der Bedarfe unterschiedliche, jeweils den Einzelfall betreffende Punkte vergeben. Je näher die Schule ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Schüler mit dem Rad fahren. Daher werden im Rahmen der Methodik mehr Punkte vergeben, je näher die Schule ist. In dem Fall der Petition lag die Grundschule über 8 km entfernt. Insoweit wurde in der Neubewertung der Bedarfsliste für diesen Bereich kein Punkt vergeben. Hinsichtlich der Gesamtschule war die Entfernung ebenfalls über 8 km, sodass für diesen Bereich lediglich zwei Punkte vergeben werden konnten.

Das weitere Kriterium - die Unterstützung von Mobilitätsketten - konnte insbesondere aufgrund der Waldroute keine weitere Beachtung finden. Aus Sicht des Petitionsausschusses ist diese Route durchaus für Radfahrer, insbesondere Touristen nutzbar. Das Kriterium „Anbindung an Bahnhöfe“, für welches ebenfalls je Kilometerentfernung Punkte vergeben werden, konnte im Rahmen der Petition vernachlässigt werden, da eine Bahnanbindung im Ort gegeben war.

In Anbetracht dessen, dass es eine Vielzahl von Bedarfen an Außerortsradwegen an Landesstraßen im Land Brandenburg gibt und vor dem Hintergrund, dass finanzielle Mittel für die Erhaltung und den Ausbau dieser Infrastruktur im Landeshaushalt nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, stellte der Petitionsausschuss fest, dass es leider nicht möglich ist, alle an sich wünschenswerten Infrastrukturmaßnahmen zu realisieren. Vielmehr müssen Prioritäten gesetzt werden und hierzu bedurfte es transparenter Kriterien, anhand derer die Bedarfe ermittelt wurden. Der Petitionsausschuss hat keine Handhabe, auf die Prioritätensetzung Einfluss zu nehmen und eine bevorzugte Umsetzung bestimmter Maßnahmen einzufordern. Aktuell befinden sich von der Bedarfsliste ca. 28 Maßnahmen mit einer Gesamtlänge von ca. 71 km und einem Kostenvolumen von etwa 20 Millionen Euro im Bau oder in Planung, weitere 41 Radwege sollen landesweit bis 2030 realisiert werden.

In Anbetracht dieser Umstände sah der Petitionsausschuss leider keine Möglichkeit, das Anliegen der Petition weiter zu unterstützen, da er die Begründung und die einzelnen objektiven Kriterien zur Ermittlung der Bedarfsliste nachvollziehen konnte. Er hofft sehr, dass auch dieser von der Petentin begehrte straßenbegleitende Radweg in einer der folgenden Überprüfungen der Radwegebedarfsliste wieder Beachtung finden kann.

Der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg hat sich in seiner 49. Sitzung am 19. Dezember 2017 zum wiederholten Mal mit gleichlautenden Petitionen zur Beamtenbesoldung befasst. In diesen Petitionen wird die Auffassung vertreten, dass all die Landesbeamten, die in der Vergangenheit einen Widerspruch dagegen erhoben hatten, dass Ihnen die damals noch existierende, an eine Steuerschätzungsprognose gekoppelte Sonderzahlung im Jahr 2008 nur in gekürzter Höhe gezahlt wurde, in den Genuss von gesetzlich festgeschriebenen Nachzahlungen kommen müssten.

Der Ausschuss hat beschlossen, gemäß § 12 Absatz 3 des Petitionsgesetzes die wesentlichen Passagen seiner Antwortschreiben an die Petenten zu veröffentlichen:
„Es trifft zu, dass das am 10. Juli 2017 verkündete Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung und zur Änderung weiterer besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften 2017 im Land Brandenburg in seinem Artikel 5 (Nachzahlungsgesetz) im Hinblick auf das Alimentationsprinzip notwendige rückwirkende Korrekturen des in Brandenburg geltenden Besoldungsrechts für die Jahre 2004 bis 2014 beinhaltet, die sich auf die für diese Jahre offenen Widerspruchs- und Klageverfahren von Beamten beschränken. In der Begründung zum Gesetzentwurf ist hierzu ausdrücklich klargestellt worden, dass es nicht ausreicht, wenn lediglich eine bestimmte Zahlung, wie zum Beispiel die Zahlung der früher gewährten Sonderzahlung in ungekürzter Höhe, beantragt wurde. Die seinerzeitigen Klagen und Widersprüche müssen vielmehr mit dem Ziel der Feststellung erhoben worden sein, dass die Besoldung in den betreffenden Jahren nicht amtsangemessen ist. Für den Petitionsausschuss ist nicht ersichtlich, dass Ihr im Jahr 2011 erhobener Widerspruch gegen die Auszahlung des Aufstockungsbetrages der Sonderzahlung 2008 in nur gekürzter Höhe diesen Aspekt der amtsangemessenen Besoldung beinhaltete.

Gleichwohl darf Ihnen der Ausschuss versichern, dass er Ihren Unmut darüber, dass nicht alle Beamten die im Nachzahlungsgesetz festgelegten Nachzahlungen für die Jahre 2004 bis 2014 erhalten, durchaus nachvollziehen kann. Auch in der im Rahmen des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens vom Ausschuss für Haushalt und Finanzen des Landtages durchgeführten öffentlichen Anhörung war diese Thematik erörtert worden. Im Ergebnis hat der Landesgesetzgeber in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach es keine Verpflichtung zu einer allgemeinen rückwirkenden Behebung eines Verfassungsverstoßes gegen das Alimentationsprinzip gibt, die Nachzahlungen letztlich auf die für die betreffenden Jahre offenen Widerspruchs- und Klageverfahren von Beamten begrenzt.

Die Entscheidung des Landtages, nicht - rückwärtsgewandt - Nachteile aus der Vergangenheit über das verfassungsrechtlich vorgeschriebene Maß hinaus mit Einmalzahlungen an alle Beamten auszugleichen, ging allerdings mit der gleichzeitigen Entscheidung einher, stattdessen die Besoldung für alle Beamten für die Zukunft und rückwirkend zum Beginn des Jahres 2017 deutlich zu verbessern. So wurden neben der zeit- und wirkungsgleichen Übernahme des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst der Länder vom 17. Februar 2017 zur dauerhaften Verbesserung der Alimentation die Dienst- und Versorgungsbezüge in den Jahren 2017 und 2018 jeweils um zusätzlich weitere 0,5 Prozentpunkte angehoben. Dies bedeutet, dass die Dienst- bzw. Versorgungsbezüge rückwirkend ab 1. Januar 2017 um 2,45 Prozent und ab 1. Januar 2018 um 2,85 Prozent erhöht werden. Zudem wurde, um das Besoldungs- und Versorgungsniveau im Land Brandenburg in den nächsten Jahren weiterhin nachhaltig zu verbessern, darüber hinaus festgeschrieben, für die Jahre 2019 und 2020 den Abschluss für die Tarifbeschäftigten ebenfalls zeit- und wirkungsgleich zu übernehmen. Auch in diesen Jahren werden die Besoldungs- und Versorgungsbezüge zusätzlich nochmals um jeweils weitere 0,5 Prozentpunkte angehoben. Als weiterer Anreiz für die Aufnahme einer Tätigkeit und für den Verbleib in der Verwaltung des Landes Brandenburg wurde im Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens ein Attraktivitäts-Zuschlag für die Jahre 2017 bis 2020 eingeführt. Dieser Zuschlag beträgt für Beamte 800 Euro im Jahr 2017, 600 Euro im Jahr 2018, 400 Euro im Jahr 2019 und 200 Euro im Jahr 2020.

Der Petitionsausschuss als Teil des Landtages vermag Sie nur auf diese aktuelle Beschlusslage des Landtages Brandenburg zu verweisen. Die einschlägigen Parlamentspapiere und die Debatten hierzu können Sie auf der Internetseite des Landtages (www.landtag.brandenburg.de) im Bereich Parlamentsdokumentation abrufen, wenn Sie in der Suchmaske die Drucksachennummer 6/6521 eingeben.

Wie der Ausschuss auch aus anderen Petitionen entnehmen konnte, hatte eine Vielzahl von Beamten gegen die Festsetzung der Höhe des Aufstockungsbetrags der Sonderzahlung 2008 Widerspruch erhoben und gleichzeitig eine Nachzahlung in Höhe des Differenzbetrages (372 Euro) zum ungekürzten Aufstockungsbetrag von 540 Euro gefordert. Nach hier vorliegenden Informationen gibt es bereits rechtskräftige Urteile der Verwaltungsgerichte Potsdam und Cottbus aus den Jahren 2012 und 2013, in denen die Richtigkeit der Festsetzung des Aufstockungsbetrages der Sonderzahlung für aktive Beamte und Richter für das Jahr 2008 auf 168 Euro festgestellt worden war. Wenn nunmehr in einem automationsunterstützten Verfahren alle Widersprüche … durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2017 als unbegründet zurückgewiesen worden sind, vermag der Petitionsausschuss dies aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Laut Mitteilung des Ministeriums … waren die Bescheide aus Kapazitätsgründen nicht bereits früher ergangen. Dass mit dieser Vorgehensweise etwaigen Ansprüchen aus dem Nachzahlungsgesetz begegnet werden sollte, vermochte der Petitionsausschuss mit Rücksicht auf seine obigen Ausführungen nicht festzustellen. Er sieht insofern weder die Möglichkeit noch eine Veranlassung, wie von Ihnen gewünscht auf eine Aufhebung der Widerspruchsbescheide hinzuwirken.

Erfreut hat der Petitionsausschuss hingegen zur Kenntnis nehmen können, dass der Minister der Finanzen zwischenzeitlich aus verwaltungsökonomischen Gründen in die Führung von Musterverfahren eingewilligt hat. Auf der Grundlage der am 16. August 2017 abgeschlossenen Vereinbarung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Berufsverbände kann nunmehr in ausgewählten Musterverfahren eine abschließende gerichtliche Klärung zu den vorliegenden Widersprüchen herbeigeführt und damit eine einvernehmliche Lösung im Interesse aller Betroffenen erreicht werden. Im Falle eines für die Kläger positiven Ausgangs der Musterverfahren durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung wird diese auf alle Widerspruchs- und Klageverfahren zu den Widerspruchsbescheiden vom 10. Juli 2017, denen gleichgelagerte Sachverhalte zugrunde liegen, übertragen. Das Land wird sich nicht auf die Bestandskraft des jeweiligen Widerspruchsbescheides und auch nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Für die Betroffenen ist es insofern zur Wahrung ihrer Rechte nicht notwendig, gegen den Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2017 ein Klageverfahren zu führen. Der Ausgang der Musterverfahren bleibt abzuwarten. …“

Der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg hat sich in seiner 46. Sitzung am 17. Oktober 2017 mit zwei Petitionen zum Thema der Einstufung von Baugrundstücken als Waldfläche befasst. Insbesondere wurde von den Petenten Unverständnis über die Tatsache geäußert, wie mit Bäumen bestandenes Bauland dem Waldgesetz des Landes Brandenburg (LWaldG) mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen unterfallen kann.

Der Ausschuss hat beschlossen, gemäß § 12 Absatz 3 des Petitionsgesetzes die Öffentlichkeit über die wesentlichen Ergebnisse seiner Beratung zum Beschwerdegegenstand zu unterrichten:

Nach der Definition des § 2 LWaldG ist Wald jede mit Forstpflanzen (Waldbäumen und Waldsträuchern) bestockte Grundfläche. Weiter regelt das Gesetz im § 8 Absatz 1 LWaldG zur Umwandlung von Wald in andere Nutzungsarten, dass dies nur mit Genehmigung der unteren Forstbehörde erfolgen darf. Einer solchen Genehmigung bedarf es nicht, wenn für die Waldfläche in einem Planfeststellungsbeschluss oder in einer Baugenehmigung eine andere Nutzungsart zugelassen wird.

Aus diesen Vorschriften ergibt sich für potentielle Bauherren die Notwendigkeit einer Prüfung vor dem Baubeginn, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang für die vom Bauvorhaben betroffene - von Bäumen bestandene - Fläche eine Waldumwandlung zu beantragen ist. Befindet sich das in Rede stehende Grundstück im Bereich eines bestandskräftigen Bebauungsplanes im Sinne von § 30 des Baugesetzbuches, ist zu prüfen, ob dieser Bebauungsplan forstrechtlich konzentrierende Wirkung entfaltet und waldrechtlich qualifiziert ist. Ist dem nicht so, ist eine Nutzungsartenänderung von Wald in Bauland bei der zuständigen unteren Forstbehörde zu beantragen. Dieser Antrag auf Nutzungsartenänderung ist kein Automatismus im Zusammenhang mit einem Baugenehmigungs- bzw. Bauanzeigeverfahren. Besonderes Augenmerk sollte in diesem Zusammenhang auch auf etwaige Befristungen für bereits erteilte Nutzungsartenänderungen gerichtet werden. Erfolgt die Baumaßnahme und damit die einhergehende Waldumwandlung nicht innerhalb der Fristsetzung, ist entweder eine Fristverlängerung zu beantragen oder ein neuer Antrag zu stellen.

Im konkreten Sachverhalt wurde für die betroffene Fläche bereits in den 1990er Jahren eine Nutzungsartenänderung von Wald in Bauland beantragt und befristet genehmigt. Eine Waldumwandlung erfolgt innerhalb dieser Fristsetzung jedoch nicht. Zur Jahrtausendwende wurde die betreffende Fläche beplant. Das Flurstück der Petenten lag damit im Bereich eines bestandskräftigen Bebauungsplanes, welcher jedoch forstrechtlich keine konzentrierende Wirkung entfaltete und waldrechtlich nicht qualifiziert war. Der zuständige Investor beantragte nochmals die Nutzungsartenänderung von Wald in Bauland, welche wiederum befristet genehmigt wurde. Erst nach Ablauf dieser neuerlichen Frist ging bei der zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde die Bauanzeige der Petenten ein. Die Genehmigung einer Waldumwandlung durch die untere Forstbehörde wurde von den Petenten für ihr mit Bäumen bestandenes Grundstück jedoch nicht beantragt. Da aber kein waldrechtlich qualifizierter Bebauungsplan vorlag, war neben dem Bauanzeigeverfahren ein durch die untere Forstbehörde zu führendes eigenständiges Genehmigungsverfahren erforderlich. Die von den Petenten im Zuge der angezeigten Baumaßnahme auf ihrem Grundstück vorgenommenen Baumfällungen (Rodung) führten daher zum Einschreiten der unteren Forstbehörde.

Der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg hat sich in seiner 36. Sitzung am 14. Februar 2017 erneut mit Petitionen zur Altanschließerproblematik und hier insbesondere der Frage der landesweiten Rückzahlung von sogenannten Altanschließerbeiträgen befasst. Viele Petenten hinterfragen immer noch, warum sie für Anlagen zahlen sollten, die sie zum Teil selbst vor 1990 errichtet haben. Des Weiteren können die Petenten häufig nicht nachvollziehen, warum eine Rückerstattung der von ihnen gezahlten Beiträge trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht erfolgt.

Der Ausschuss hat beschlossen, gemäß § 12 Absatz 3 des Petitionsgesetzes die Öffentlichkeit über die wesentlichen Passagen seiner Antwortschreiben an die Petenten zu unterrichten:

„Der Petitionsausschuss möchte zunächst auf die Grundlagen für die Erhebung sogenannter Altanschließerbeiträge eingehen, da Sie in Ihrer Petition darauf hingewiesen haben, dass der Trinkwasseranschluss für das hier in Rede stehende Grundstück im Jahr 1978  hergestellt wurde. Die sogenannten Altanschließerbeiträge werden nicht für die Errichtung und Verbesserung von Trinkwasserversorgungs- oder Abwasserentsorgungsanschlüsse bzw. -systemen erhoben, die vor 1990 erfolgten. Altanschließerbeiträge werden erhoben für die Leistungen der Kommunen oder Zweckverbände, die nach 1990 zur Verbesserung der Trinkwasserver- oder der Abwasserentsorgungssysteme vorgenommen wurden. Dies bedeutet, dass von einer Kommune bzw. einem Zweckverband, der sowohl Gebühren und Beiträge erhebt, Beiträge zum Beispiel für die Verbesserung oder Neuerrichtung von Wasserwerken oder Kläranlagen erhoben werden können. Gerichtlicherseits war in diesem Zusammenhang festgestellt worden, dass es zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung komme, wenn diese Beiträge nur von den Eigentümern erhoben werden würden, deren Grundstücke nach 1990 an die Systeme angeschlossen worden sind. Die Verbesserung der Leitungssysteme käme nicht nur diesen zugute, sondern auch allen anderen bereits vor 1990 angeschlossenen Grundstückseigentümern. Diese müssten dementsprechend ebenfalls zu Beiträgen herangezogen werden, da auch sie einen Vorteil dadurch haben, dass die Gemeinde oder der Zweckverband in die Leitungssysteme investieren. Aufgrund dieser Rechtsprechung ist es in den Zweckverbänden und Gemeinden, die sich für eine Gebühren- und Beitragserhebung entschieden hatten, zur Nachveranlagung von Altanschließern gekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 12. November 2015 nicht die Erhebung von Altanschließerbeiträgen dem Grunde nach beanstandet, sondern aufgrund der historischen Entwicklung der Gesetzgebung im Land Brandenburg in diesem Punkt einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot erkannt. Allein die Anwendung der seit dem 1. Februar 2004 geltenden Fassung von § 8 Absatz 7 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes in Fällen, in denen Beitragserhebungen nach der bis dahin geltenden Fassung der Vorschrift wegen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich gewesen wären, wurde als Verstoß gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot gewertet. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Grundstücke, die bereits vor dem 1. Januar 2000 an die zentrale öffentliche Einrichtung der Trinkwasserver- und der Abwasserentsorgung einer Kommune bzw. eines Zweckverbandes angeschlossen waren oder werden konnten. Das Landesverfassungsgericht hatte derartige Beitragserhebungen im Jahr 2012 (ebenso wie zuvor das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg) noch als nach verfassungsrechtlichen Maßstäben zulässig eingeschätzt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kam insofern für die Politik, die Aufgabenträger und die Rechtsprechung im Land Brandenburg sehr überraschend.

Die Gestaltung der Refinanzierung der Trinkwasserversorgungs- und Abwasserentsorgungssysteme im Land Brandenburg ist in wesentlichen Punkten in die Entscheidungshoheit der Gemeinden gestellt, denen die Aufgabe der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung obliegt. Der Landesgesetzgeber hat den Gemeinden freigestellt, ob sie die Refinanzierung zum Beispiel aus-schließlich über Gebühren vornehmen wollen, sodass sämtliche Kosten entsprechend dem Trink-wasserverbrauch bzw. dem Abwasseranfall abgerechnet werden, oder ob sie neben (dann regelmäßig niedrigeren Gebühren) von den Grundstückseigentümern auch Beiträge für die Schaffung und Verbesserung der Trink- und Abwassersysteme erheben wollen. Die Gemeinden können sich zur Erledigung dieser Aufgaben zu Zweckverbänden zusammenschließen, für die dann das Gleiche gilt. So gibt es im Land Brandenburg zahlreiche Gemeinden und Zweckverbände, die ausschließlich eine Refinanzierung der Kosten über Gebühren vornehmen. Einige Zweckverbände bzw. Kommunen wie zum Beispiel die Stadt Cottbus haben im Zusammenhang mit der Altanschließerproblematik nunmehr beschlossen, die Finanzierung vom Gebühren- und Beitragsmodell auf eine reines Gebührenmodell umzustellen und in diesem Zusammenhang die Gebühren anzuheben. Eine derartige Entscheidung obliegt der Gemeindevertretung oder aber der Zweckverbandsversammlung. Hierbei spielen unter anderem strukturelle und lokalpolitische Gegebenheiten in der Gemeinde bzw. im Verbandsgebiet eine Rolle, da durch den Wegfall einer Beitragserhebung zum Beispiel Mieter stärker belastet werden als bisher.

Dass Bescheide, die Bürger zu Zahlungen an die öffentliche Hand verpflichten, bestandskräftig werden können und eine Rückzahlung im Falle der Rechtswidrigkeit der Bescheide gegebenenfalls rechtlich nicht verpflichtend ist, ist ein allgemeiner verwaltungsrechtlicher Grundsatz, und stellt keine Neuerung im Zusammenhang mit der Erhebung von sogenannten Altanschließerbeiträgen dar. Ein Anspruch auf Aufhebung der Bescheide und Erstattung der gezahlten Beiträge besteht nur für noch nicht bestandskräftig gewordene Bescheide. Das sind Bescheide, die noch angefochten werden können oder über deren Widerspruch oder Klage noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Der Petitionsausschuss kann nachvollziehen, dass dies von den Betroffenen, die im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderungen keine Rechtsbehelfe eingelegt und bezahlt haben, als ungerecht empfunden wird. Mit dieser Situation müssen sich die Aufgabenträger auseinandersetzen. Wenngleich sie nicht verpflichtet sind, in solchen Fällen Beiträge zurückzuzahlen, haben sie doch die Möglichkeit, im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens auch bestandskräftige - wegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber rechtswidrige - Beitragsbescheide (freiwillig) aufzuheben. Eine solche Entscheidung muss sorgfältig abgewogen werden, weil die der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden dienende Bestandskraft von Abgabenbescheiden eine besondere Bedeutung hat. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die ordnungsgemäße Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung auch zukünftig noch gewährleistet sein muss. Die zuständigen kommunalen Aufgabenträger müssen deshalb ihre eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beachten und ein tragfähiges Konzept dahin gehend erstellen, ob und wie freiwillige Beitragsrückzahlungen finanziert werden können. Auch weil die öffentliche Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung unterfällt, ist es weder dem Landtag noch der Landesregierung möglich, den kommunalen Entscheidungsträgern verbindliche Vorgaben in dieser Hinsicht zu machen.

Wie Sie den vorstehenden Ausführungen entnehmen mögen, tritt die sogenannte Altanschließerproblematik nicht in allen Bereichen des Landes auf, sondern nur in den Gemeinden und Zweckverbänden, die Gebühren und Beiträge erhoben haben. Trotzdem stellt das Land den Gemeinden und Zweckverbänden in diesem Zusammenhang umfängliche Zuschüsse und Förderungen zur Verfügung. Mit diesen Finanzmitteln wird auch die Rückzahlung von Kanalanschlussbeiträgen aus nicht bestandskräftigen und nicht vollständig bezahlten Bescheiden unterstützt. Die Unterstützung wird unabhängig davon gewährt, ob die Gemeinden und Zweckverbände vor Ort entscheiden, dass auch bestandskräftige Bescheide zurückgenommen werden.

Selbstverständlich hat sich der Landtag in den vergangenen Monaten mit der von Ihnen angesprochenen Problematik befasst. Ein Antrag mit der Drucksachennummer 6/5125 wurde zunächst in der 34. Sitzung des Landtages am 29. September 2016 erörtert. Nach einer Befassung im zuständigen Fachausschuss für Inneres und Kommunales erfolgte eine weitere Debatte in der 39. Sitzung des Landtages am 18. Januar 2017. Die einschlägigen Parlamentspapiere und die Diskussion über diesen Sachverhalt können Sie auf der Internetseite des Landtages abrufen, wenn Sie in der Suchmaske der Parlamentsdokumentation die vorgenannte Drucksachennummer eingeben. Bei den Erörterungen wurden unter anderem Gerechtigkeits- und Gleichbehandlungsaspekte thematisiert. Der Petitionsausschuss kann Sie im Wesentlichen nur auf diese Debatte und auf den abschließenden Beschluss im Landtag verweisen. Der Ausschuss hat wenig Hoffnung, dass in dieser Frage noch eine für alle Betroffenen als gerecht empfundene Lösung gefunden werden kann. Er verweist auf die Beschlusslage im Plenum des Landtages und sieht keine Möglichkeit, in der vorgetragenen Angelegenheit in Ihrem Sinne tätig zu werden. Er hat daher mit diesen Hinweisen die Behandlung Ihrer Petition abgeschlossen.“

Der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg hat sich in seiner 56. Sitzung am 19. Juni 2018 mit mehreren Petitionen zum Thema Straßenausbaubeiträge befasst. Die Forderungen der Petenten reichen dabei von einzelnen Änderungen der rechtlichen Grundlagen unter Beibehaltung der grundsätzlichen Möglichkeit der Beitragserhebung bis hin zur vollständigen Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen.

Der Ausschuss hat beschlossen, gemäß § 12 Absatz 3 des Petitionsgesetzes die wesentlichen Passagen seiner Antwortschreiben zusammengefasst zu veröffentlichen:

„… Zunächst möchte der Ausschuss darauf hinweisen, dass verschiedene Rechtsgrundlagen bei der Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen zu berücksichtigen sind. So ist zwischen dem Erschließungsbeitragsrecht und dem Kommunalabgabenrecht zu unterscheiden. Das Kommunalabgabenrecht (Straßenausbaubeitragsrecht) kommt zur Anwendung, wenn es nicht um die erstmalige Herstellung, sondern um den Ausbau (Erneuerung, Verbesserung, Erweiterung) vorhandener kommunaler Straßen geht. Bei der erstmaligen Herstellung einer kommunalen Straße gilt hingegen das Erschließungsbeitragsrecht nach dem Baugesetzbuch (BauGB). In § 127 ff BauGB wird den Gemeinden die Erhebung eines Erschließungsbeitrags von den Grundstückseigentümern, die durch die Verkehrsanlage Vorteile vermittelt bekommen, aufgegeben. Ob die Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für den Ausbau bestehender Verkehrsanlagen Beiträge erheben können oder müssen, bleibt gemäß § 128 Absatz 2 Satz 1 BauGB landesrechtlichen Regelungen vorbehalten. In Ihrer Petition verweisen Sie zutreffend darauf, dass die Bundesländer von diesem Gestaltungsrecht in unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht haben. Dies ist Ausdruck des im Grundgesetz verankerten föderalen Staatssystems.

Das Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) verpflichtet die Gemeinden nach der bindenden Sollvorschrift des § 8 Absatz 1 Satz 2 zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen und Plätzen. Damit steht den Kommunen ein verlässliches Finanzierungsinstrument zur Verfügung, das sie in die Lage versetzt, die ihnen als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe obliegende Straßenbaulast zu erfüllen. Würde man hingegen die Beitragserhebung in das Ermessen der Gemeinde stellen, könnte dies unter Umständen zu der Situation führen, dass innerhalb einer Gemeinde zu einem bestimmten Zeitpunkt einem Teil der Grundstückseigentümer die durch Straßenausbaumaßnahmen vermittelten grundstücksbezogenen Vorteile unentgeltlich gewährt werden, während andere Grundstückseigentümer zu einem anderen Zeitpunkt zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen werden, denn bei der Ermessensentscheidung wäre zwangsläufig die jeweilige Haushaltssituation zu berücksichtigen. Darunter könnte der Rechtsfrieden innerhalb der Gemeinde leiden. Auch etwaige unterschiedliche Vorgehensweisen benachbarter Kommunen könnten von den Bürgern als ungerecht empfunden werden. Überdies bestünde die Gefahr, dass die Gemeindevertretungen bei einer Ermessensregelung einem erheblichen Erwartungsdruck ausgesetzt sind, auf Beitragserhebungen zu verzichten.

Eine Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen würde auf der einen Seite zu einer Entlastung der Grundstückseigentümer führen, auf der anderen Seite aber gleichzeitig zulasten der allgemeinen kommunalen Haushalte gehen. Dies hätte - vor allem in Kommunen mit angespannter Haushaltslage - gegebenenfalls zur Folge, dass örtliche Steuern erhöht werden müssten oder aber Finanzmittel fehlen, die für andere kommunale Aufgaben benötigt werden. Würde der den Grundstückseigentümern zufließende Vorteil ohne Gegenleistung erbracht werden, stünde zudem die Frage im Raum, ob es gerecht wäre, diesen Vorteil durch Steuerzahlungen von Bürgern mitfinanzieren zu lassen, die nicht über Grundstückseigentum verfügen.

Die Beiträge werden von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Verkehrsanlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die Annahme, dass ein derartiger wirtschaftlicher Vorteil nur bei einem „zählbaren Mehrwert“ vorliegt, kann der Ausschuss nicht bestätigen. Vielmehr besteht die besondere beitragsrelevante Vorteilslage nicht in einem bezifferbaren Vermögenszuwachs, sondern angesichts der engen räumlichen Beziehung zur ausgebauten Verkehrsanlage. Diese vermittelt Anliegern (anders als Dritten) infolge einer besseren verkehrlichen Erreichbarkeit ihrer Grundstücke eine abstrakte Besserstellung und bewirkt dadurch eine Steigerung des Gebrauchswertes der erschlossenen Grundstücke. Zahlenmäßig lässt sich dieser Vorteil nicht erfassen. Er bestimmt sich nach der Verwertbarkeit und Ausnutzung des jeweiligen Grundstücks.

Dass die ausgebauten Straßen auch der Allgemeinheit zugutekommen, steht der Erhebung von einmaligen Beiträgen für straßenbauliche Investitionsmaßnahmen nicht entgegen, denn die Beitragspflichtigen werden nicht mit dem gesamten finanziellen Ausbauaufwand belastet. So legt das KAG fest, dass von diesem Aufwand der Anteil abgezogen werden muss, den die jeweilige Kommune dafür zu tragen hat, dass die ausgebaute Verkehrsanlage ihr selbst (gemeindeeigene Grundstücke) und der Allgemeinheit zugutekommt. Das Verhältnis zwischen Anliegeranteil und Gemeindeanteil ist dabei insbesondere von der Verkehrsbedeutung einer Straße abhängig. Letztlich liegt die Entscheidung über die Höhe der Belastungen durch Straßenausbaubeiträge bei der unmittelbar demokratisch legitimierten Gemeindevertretung. Sie befindet im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung darüber, ob und in welchem Umfang straßenbauliche Investitionsmaßnahmen im Gemeindegebiet durchgeführt und in welchem Maße dabei auch die jeweiligen Vorteilslagen und die finanziellen Folgen für die Beitragspflichtigen und die Gemeinde berücksichtigt werden. An dieser Stelle sei klargestellt, dass die Finanzierungsverantwortung für kommunale Straßen nicht beim Land, sondern bei der Gemeinde als zuständigem Straßenbaulastträger liegt.

§ 8 Absatz 4 Satz 7 KAG schreibt vor, dass auf die beitragsfähige Maßnahme bezogene Zuwendungen zunächst zur Deckung des kommunalen Eigenanteils und nur, wenn die Zuwendungen höher ausfallen als dieser Gemeindeanteil, zugunsten der Beitragspflichtigen zu verwenden sind. Diese Vorschrift ist ausdrücklich unter den Vorbehalt einer anderen Bestimmung des Zuwendungsgebers gestellt („soweit der Zuwendende nichts anderes bestimmt hat“). Damit schließt das KAG eine Entlastung der Beitragspflichtigen durch Zuwendungen Dritter nicht völlig aus. Soweit es allerdings um Mittel der öffentlichen Hand (Fördermittel) geht, dürfte bereits aufgrund haushaltsrechtlicher Vorschriften und der jeweiligen Zuwendungs- bzw. Förderrichtlinien eine Anrechnung dieser Mittel auch auf den Beitragsanteil der privaten Grundstückseigentümer unzulässig sein. Durch die Regelungen wird letztlich sichergestellt, dass staatliche Fördermittel den kommunalen Haushalten, also allen Einwohnern der Gemeinde und nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, zugutekommen.

Durch höchstrichterliche Rechtsprechung ist geklärt, dass Straßenausbaubeiträge verfassungsgemäß sind und gegen keine Bestimmungen des Grundgesetzes verstoßen.

Unbeschadet dessen hat der Petitionsausschuss zur Kenntnis genommen, dass das Für und Wider von Straßenausbaubeiträgen gegenwärtig in mehreren Bundesländern, auch im Land Brandenburg, thematisiert wird. So möchte Sie der Ausschuss vor allem auf die aktuelle Debatte des Landtages Brandenburg in seiner 61. Sitzung am 30. Mai 2018 hinweisen. Den Erörterungen haben unter anderem ein Gesetzentwurf zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge (Landtags-Drucksache 6/8710) sowie ein Antrag mit der Überschrift „Grundlagen für eine Weiterentwicklung der Straßenausbaubeiträge schaffen!“ (Landtags-Drucksache 6/8796) zugrunde gelegen. Der eingebrachte Gesetzentwurf wurde mehrheitlich abgelehnt. Der Antrag ist von den Abgeordneten des Landtages dagegen mehrheitlich beschlossen worden. Die Landesregierung wird damit aufgefordert, dem Landtag bis zum November 2018 einen Bericht zuzuleiten, der im bundesweiten Vergleich die Entwicklung bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen und deren Auswirkungen sowie die Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach dem Baugesetzbuch darstellt. Dabei soll auch die Höhe der Einnahmen der Kommunen im Land Brandenburg und der dazu erforderliche Aufwand überschlägig dargestellt werden, um bewerten zu können, welche Auswirkungen eine Veränderung der derzeit bestehenden rechtlichen Lage bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen hätte. Ausgehend davon sollen zur Stärkung der kommunalen Eigenverantwortung mit Bezug auf das KAG insbesondere Vorschläge für eine verbesserte Beteiligung von Anliegern bei Straßenausbaumaßnahmen sowie für eine variable Zinssatz-Regelung vorgelegt werden. Die im Landtag geführte Debatte können Sie gern nachlesen. Sie ist abrufbar auf der Internetseite des Landtages (www.landtag.brandenburg.de) im Bereich Parlamentsdokumentation, sobald das Plenarprotokoll fertiggestellt worden ist. Die erwähnten Drucksachen finden Sie dort bereits. Es bleibt nunmehr abzuwarten, welche Entscheidungen der Landtag nach der Vorlage des Berichts der Landesregierung treffen wird. Der Petitionsausschuss vermag dem nicht vorzugreifen. Er geht aber davon aus, dass die oben angeführten Erwägungen im Rahmen der Entscheidungsfindung berücksichtigt und abgewogen werden. Zudem hat der Ausschuss im Ergebnis seiner Beratung beschlossen, Ihre Petition dem zuständigen Fachausschuss des Landtages, dem Ausschuss für Inneres und Kommunales, als zusätzliches Material für weitere Erörterungen im parlamentarischen Raum zuzuleiten.

Unabhängig von seinen vorstehenden Ausführungen möchte der Ausschuss abschließend noch anmerken, dass Beiträge in Ausnahmefällen, wenn deren Einziehung eine besondere Härte darstellt, ganz oder teilweise gestundet oder erlassen werden können. Hierauf wird in § 12c KAG ausdrücklich hingewiesen. Der Gesetzgeber hat insoweit auch Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit von Beitragspflichtigen im Einzelfall zu berücksichtigen. Des Weiteren ist es den Kommunen auch nicht verwehrt, in ihren Beitragssatzungen unter Abwägung der gemeindlichen Interessen und der Interessen der Beitragspflichtigen großzügige Fälligkeitsfristen festzulegen. Das KAG gibt insoweit keine konkreten Fristen vor. …“

Der Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg hat sich in seiner 10. Sitzung am 5. Mai 2015 mit zwei Petitionen zum Thema von Abstandsregelungen für Windkraftanlagen befasst. Insbesondere wurde in den Petitionen die Einführung der sogenannten H-10-Regelung gefordert, nach der Windkraftanlagen einen Mindestabstand von zehnfacher Anlagenhöhe zur nächstgelegenen Wohnbebauung einhalten müssten.

Der Ausschuss hat beschlossen, gemäß § 12 Absatz 3 des Petitionsgesetzes die Öffentlichkeit über die wesentlichen Passagen seiner Antwortschreiben an die Petenten zu unterrichten:

„Mit Ihrer Petition regen Sie an, von der Länderöffnungsklausel des § 249 Absatz 3 Baugesetzbuch (BauGB) Gebrauch zu machen, um damit gesetzliche Festlegungen zum Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Wohngebäuden zu treffen. Insbesondere thematisieren Sie die „10-H-Regelung“. Da es sich bei § 249 Absatz 3 BauGB um eine Kannvorschrift handelt, bedarf es vor einer rechtlichen Umsetzung grundsätzlich der politischen Willensbildung darüber, ob ein Gebrauch machen von dieser Länderöffnungsklausel im Land Brandenburg mehrheitlich gewollt ist.

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und DIE LINKE für die 6. Wahlperiode des Brandenburger Landtags enthält unter Punkt 2.1. Wirtschaft und Energie folgende Ausführungen: „Die Koalition ist sich einig, dass ein Landesgesetz, das Regelungen zu Abständen von Windkraftanlagen trifft, die Ausgewogenheit eines regionalplanerischen Standortkonzeptes nicht ersetzen kann. Wichtig ist, dezidiert die räumlichen und topografischen Erfordernisse, insbesondere zu den schutzwürdigen Belangen, zu berücksichtigen. Nur im Rahmen einer regional verorteten Planung kann eine rechtssichere Abwägung der widerstreitenden Interessen erfolgen. Wir setzen dabei auf die regionalen Planungsgemeinschaften. Das Gesetz zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung soll dahin gehend geändert werden, dass die Mitwirkungsrechte kleiner Kommunen gestärkt werden.“

Die Staatssekretärin des zuständigen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung führt in ihrer Stellungnahme aus, dass gerade die Ergebnisse der gerichtlichen Überprüfung von Regional- und Flächennutzungsplänen zeigen, wie anspruchsvoll und kompliziert die Festlegung von Mindestabständen ist. Dies lege die Messlatte für die Begründung und Festlegung einer pauschalen Abstandsregelung durch ein Landesgesetz besonders hoch. In Brandenburg habe sich das gestufte Planungssystem von Landes-, Regional- und Bauleitplanung mit seinen umfangreichen Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger über Jahre hinweg grundsätzlich bewährt, um eine sinnvolle und wirksame Steuerung der Abstände von Windenergieanlagen zu gewährleisten. Auch vor diesem Hintergrund sei dem unmittelbaren Dialog von Bürgern und Planverfassern im Planungsprozess der Vorzug vor einem formellen Gesetzgebungsverfahren einzuräumen. Im Runderlass des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung vom 16. Dezember 2014 finden sich unter Punkt 7.2 identische Ausführungen.

In der 4. Plenarsitzung des Landtages Brandenburg am 17. Dezember 2014 und in der 10. Plenarsitzung am 29. April 2015 wurde die Einführung von Mindestabständen von Windenergieanlagen zu Wohnbebauung zur Diskussion gestellt. Es werde hierbei auch die Einführung der H-10-Regelung debattiert. Diese Anträge wurden im Plenum mehrheitlich abgelehnt. Zum konkreten Inhalt der Anträge können Sie sich gern auf der Internetseite des Landtages informieren. Mit „Parlamentsdokumentationen“ wird Ihnen dort ein Datenbankzugriff auf Parlamentsdrucksachen und Protokolle zur Verfügung gestellt …

Vor diesem Hintergrund bittet der Ausschuss Sie um Verständnis, dass er Ihr Anliegen nicht zu unterstützen vermag, und hofft, dass er mit seinen obigen Ausführungen Ihnen zumindest einen umfassenden Überblick über den aktuellen politischen Sachstand im Land Brandenburg bezüglich der Einführung von Mindestabständen von Windenergieanlagen zu Wohnbebauungen geben konnte. Er hat hiermit die Bearbeitung Ihrer Petition abgeschlossen.“