Der Landtag in Europa

Es liegt im Interesse des Landtags Brandenburg, sich aktiv in den europäischen Diskurs einzubringen, denn viele Entscheidungen werden bereits auf europäischer Ebene getroffen. Deutsche Bundes- und Landesgesetze beruhen in steigender Anzahl auf europarechtlichen Vorgaben oder setzen diese um. Dies bedeutet, dass auch der Landtag Brandenburg unmittelbar in die Umsetzung von EU-Gesetzgebungsvorhaben einbezogen ist. Darüber hinaus sind Fördermaßnahmen im Rahmen der EU-Regional/Kohäsionspolitik sowie der EU-Agrarpolitik wesentlich für die europäischen Regionen und Kommunen – insbesondere für sogenannte „Übergangsregionen“ wie Brandenburg.

Kontakt- und Informationsstelle
Sterne auf der Europaflagge
© Fotolia

Für die Gremien und Mitglieder des Landtags gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich am europäischen Diskurs zu beteiligen:

Der Landtag in europäischen Gremien
Ausschuss der Regionen

Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) vertritt die Interessen der europäischen Regionen bei der EU und besteht aus bis zu 350 Mitgliedern. Er ist bei der Entwicklung neuer Rechtsvorschriften anzuhören, wenn diese die Angelegenheiten der Regionen betreffen; seine Empfehlungen sind jedoch nicht bindend. Deutschland stehen 24 Mandate zu: darunter je ein Mandat pro Bundesland und fünf weitere Mandate, die im Rotationsverfahren auf die Bundesländer verteilt werden. Soweit nach dieser Rotation zwei Mandate auf Brandenburg entfallen, wird in der Regel ein Mandat vom Landtag und ein Mandat von der Landesregierung wahrgenommen.

Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE)

Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) ist ein beratendes Gremium des Europarats und besteht aus 324 Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinden und Regionen der 46 Mitgliedstaaten des Europarats. Ziel seiner Arbeit ist die Beteiligung regionaler und lokaler Gebietskörperschaften an der Arbeit des Europarats. Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas gliedert sich in eine regionale und eine kommunale Kammer.

Die sachpolitische Arbeit erfolgt in drei Fachausschüssen, dem Governance-Ausschuss, dem Ausschuss für aktuelle Angelegenheiten (Current Affairs) sowie dem Monitoring-Ausschuss, welcher als wichtigster Fachausschuss die Einhaltung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung seitens der Mitgliedstaaten überwacht und zudem regelmäßige (Regional-)Wahlbeobachtungsmissionen in den Mitgliedstaaten des Europarates durchführt.

Deutschland stellt eine der größten Delegationen im KGRE. Sie besteht aus 18 ordentlichen Mitgliedern und 18 Stellvertretern, wobei pro (Regional- und Kommunal-)Kammer jeweils neun auf die Länderseite und neun auf die kommunale Ebene entfallen. Für jeden der drei Ausschüsse stehen der deutschen Länderseite zudem je drei Sitze als Mitglieder und je drei Sitze als stellvertretende Mitglieder zu, insgesamt also 18 Plätze.

Die Interessen des Landtages Brandenburg im KGRE werden in der aktuellen Legislaturperiode von dem Abgeordneten Heiner Klemp (Monitoring Ausschuss) und stellvertretend von Vizepräsidentin Barbara Richstein (Ausschuss für aktuelle Angelegenheiten) vertreten.

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Beteiligungsmöglichkeiten des Landtags in der EU
Subsidiaritätsprüfungsverfahren

Nach dem Grundsatz der Subsidiarität darf die Europäische Union – außer in den Bereichen, in denen sie eine ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis besitzt – nur dann tätig werden, wenn ein Handeln auf europäischer Ebene wirkungsvoller ist als auf nationaler Ebene, also einen europäischen Mehrwert aufweist.

Damit soll im Grundsatz erst einmal die „kleinere“ Einheit, das heißt die nationale Ebene der EU-Mitgliedstaaten oder die Ebene der Länder bzw. der Kommunen, zuständig sein, soweit ihr die Entscheidung sinnvoll und sachnäher möglich ist – und damit eine lokale Verwurzelung der Politik möglichst erhalten bleiben.

In den europäischen Verträgen ist vorgesehen, dass sich die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des sogenannten Frühwarnsystems an der Prüfung beteiligen, ob die Europäische Union bei ihren Gesetzgebungsverfahren den Grundsatz der Subsidiarität beachtet. Hält ein nationales Parlament einen vorgeschlagenen Gesetzgebungsakt der Europäischen Union für unvereinbar mit dem Subsidiaritätsgrundsatz, so kann es binnen einer Frist von acht Wochen eine sogenannte begründete Stellungnahme („Subsidiaritätsrüge“) gegenüber der Europäischen Kommission abgeben. Die Frist beginnt mit dem Vorliegen des Gesetzentwurfs in allen EU-Amtssprachen.

Jedes nationale Parlament eines Mitgliedstaats verfügt im Subsidiaritätsprüfungsverfahren über zwei Stimmen. Bei Zwei-Kammer-Systemen hat jede dieser Kammern eine Stimme – in Deutschland also Bundestag und Bundesrat.

In Deutschland sind die Regierungen der Länder über den Bundesrat an der Subsidiaritätsprüfung beteiligt – und können dort mitentscheiden, ob der Bundesrat als eine der beiden Kammern eine begründete Stellungnahme wegen eines Subsidiaritätsverstoßes abgibt.

Gibt wiederum der Landtag Brandenburg eine Stellungnahme in Subsidiaritätsangelegenheiten ab, so wird diese von der Landesregierung bei ihren weiteren Entscheidungen – und damit beim Verfahren im Bundesrat - einbezogen.

Stellungnahmen und direkte Zuleitungen

Bereits seit 2006 steht die Europäische Kommission in einem informellen politischen Dialog mit den nationalen Parlamenten. Dieses dialogische Verfahren geht auf die sogenannte Barroso-Initiative aus dem Jahre 2006 zurück. Der damalige Kommissionspräsident José Barroso kündigte an, künftig alle neuen Vorschläge und Konsultationspapiere der Europäischen Kommission direkt an die nationalen Parlamente weiterzuleiten. Diese sollten in die Lage versetzt werden, ebenso wie die Regierungen zu diesen Papieren Stellung zu nehmen und sich am Prozess der Entwicklung der Politiken und ihrer Umsetzung zu beteiligen.

Bereits im Jahr 2012 machte die Europäische Kommission deutlich, dass ihr Angebot auch für die Regionalparlamente mit eigener Gesetzgebungsbefugnis gelte. Damit ist für die deutschen Landtage, unabhängig von der Beteiligung am Subsidiaritätsprüfungsverfahren, eine Möglichkeit eröffnet, um auf EU-Ebene sichtbar zu werden und sich europapolitisch direkt einzubringen.

Beschließt der Landtag also Stellungnahmen oder fasst allgemeine europapolitische Beschlüsse, können diese direkt an Institutionen der Europäischen Union zugeleitet werden – etwa an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament oder den Ausschuss der Regionen.

Teilnahme an Konsultationen

Unter Konsultationen sind im Allgemeinen Befragungen und Anhörungen zu verstehen, die sich an die Öffentlichkeit oder gezielt an Betroffene sowie Expertinnen und Experten außerhalb von Institutionen der Europäischen Union richten können. Konsultationen sind Bestandteil einer 2015 etablierten Arbeitsmethode der Kommission zur „Besseren Rechtsetzung“, um eine bestmögliche Entscheidungsfindung auf faktenbasierter Tatsachengrundlage zu ermöglichen sowie eine proaktive Einbindung von Interessenvertretungen sowie von EU-Bürgerinnen und EU-Bürger in den EU-Gesetzgebungsprozess zu fördern. Sie werden in verschiedenen Stadien der Rechtssetzung durchgeführt – von der Festlegung politischer Schwerpunkte im Vorfeld eines Vorschlags bis zur endgültigen Annahme einer Maßnahme.

Die Europäische Kommission bietet online im Bereich Ihre Meinung zählt“ einen Überblick über alle aktuellen Konsultationen unter Angabe der betreffenden Themen und eröffnet eine Möglichkeit, sich per E-Mail benachrichtigen zu lassen. Hier finden sich Informationen zu den einzelnen Konsultationsverfahren sowie Hinweise zur Teilnahme. Überwiegend erfolgt die Teilnahme direkt mittels einer Online-Umfrage.

Der Adressatenkreis ist bei Konsultationen unterschiedlich ausgestaltet - oft besteht die Möglichkeit zur Teilnahme sowohl für den Landtag insgesamt als auch für einzelne Mitglieder des Landtags. An vielen Konsultationen der Europäischen Kommission können auch EU-Bürgerinnen und EU-Bürger direkt teilnehmen.