Aktuelle Stunde zur Energie- und Wirtschaftskrise

Potsdam, 14. September 2022. Der Landtag Brandenburg hat in einer Aktuellen Stunde kontrovers über die gegenwärtige Energiekrise diskutiert. Während fraktionsübergreifend Einigkeit darin bestand, dass akuter Handlungsbedarf bestehe, gingen die Ansichten in Bezug auf die Ursachen der Krise und mögliche Lösungen teils weit auseinander.

Die Aktuelle Stunde zum Thema „In der Energie-Krise entschlossen handeln – Brandenburg steht zusammen“ hatte turnusgemäß die SPD-Fraktion beantragt. Deren Vorsitzender Daniel Keller mahnte mit Blick auf die Sorgen vieler Menschen: „Dies ist nicht die Stunde, um im Kleinklein der Politik zu versinken.“ Um das Versprechen einzulösen, dass niemand in der Krise zurückgelassen werde, müssten Bund, Länder und Kommunen zusammenstehen. Der Bund müsse die Notlage erklären, damit Kredite aufgenommen werden könnten. Keller kritisierte, dass es von der Bundesregierung noch immer „keine schriftlich fixierten und rechtlich verbindlichen Zusagen“ zur Zukunft der PCK-Raffinerie in Schwedt (Oder) gebe. „Wir werden nicht müde, diese einzufordern, bis wir den Erhalt der Arbeitsplätze schwarz auf weiß haben“, sagte Keller. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Dr. Hans-Christoph Berndt, warf der Landesregierung und der Regierungskoalition vor, „Losungen statt Lösungen“ für die Probleme der Menschen zu präsentieren. Er forderte Entlastungen für diejenigen Betriebe und Menschen, die „diesen immer mehr zur Resterampe verkommenden Laden Deutschland“ am Laufen hielten. Schuld an der Energiekrise sei „die durch grüne Ideologie motivierte Energiewende“; werde diese vorangetrieben, werde die Krise verstärkt, sagte Berndt. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dr. Jan Redmann, verteidigte die Sanktionspolitik des Westens. „Wenn wir jetzt Schwäche zeigen, können wir davon ausgehen, dass Putin sich weitere Ziele suchen wird. Der Preis des Einknickens ist die Freiheit.“ Der Bundesregierung warf er im Umgang mit der Energiekrise „Zögerlichkeit, Entscheidungsschwäche und Inkonsequenz“ vor. Bund und Länder müssten zu einer „fairen Lastenverteilung“ kommen. Eine erneute Ausnahme von der Schuldenbremse und die Aufnahme neuer Kredite würden schwerfallen: „Aber diese Mittel sind dann Freiheitsschulden“, so Redmann.

„An jeder Ecke im Land brennt es!“, sagte der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Sebastian Walter, und warf der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen Untätigkeit vor. Während Länder wie Schleswig-Holstein selbst die Notlage ausriefen und Hilfsprogramme auflegten, rufe die hiesige Landesregierung nach dem Bund und beschränke sich auf „Sprechblasen und Durchhalteparolen“. „Die Menschen erwarten Zusagen, auf die sie sich verlassen können“, sagte Walter. Der Ko-Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Benjamin Raschke, sprach sich für eine Fortsetzung der Sanktionspolitik aus: „Denn nur so zwingen wir den Diktator Putin an den Verhandlungstisch, und nur so können wir den Krieg beenden!“ Um die Krise zu bewältigen, seien „Entschlossenheit, Klimaschutz und Solidarität“ nötig. Dabei würden die Grünen darauf achten, dass Energiepreise und Klimaschutz nicht gegeneinander ausgespielt werden. Péter Vida, Vorsitzender der Fraktion BVB/FREIE WÄHLER, warf der Bundesregierung vor, die Energieknappheit durch Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke Deutschlands und den geplanten Verzicht auf russisches Pipeline-Öl künstlich zu verschärfen. Mit Blick auf Schwedt sagte er: „Erst muss die Versorgungslösung für PCK da sein, dann können wir das russische Öl abdrehen.“ Solidarität mit der Ukraine auf der einen Seite sowie Wohlstand, Sicherheit und Stabilität in Deutschland auf der anderen gehörten zusammen. „Das ist nicht unehrenhaft. Das ist das Gebot der Stunde“, so Vida.

Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke verteidigte die Sanktionen: „Sie sind unsere einzige Möglichkeit, Russland zu zwingen, diesen Krieg möglichst bald zu beenden.“

Forderungen nach einer Rückkehr zur Normalität im Umgang mit dem russischen Präsidenten erteilte er eine Absage: „Unter Putin kann und wird Russland kein zuverlässiger Partner mehr für Deutschland und Europa sein können.“ Woidke betonte, dass Brandenburg seiner Verantwortung nachkomme und einen erheblichen Teil zur Energiesicherheit Deutschlands leiste, indem zum 1. Oktober zwei derzeit in Sicherheitsbereitschaft befindliche 500-Megawatt-Blöcke im Braunkohlekraftwerk Jänschwalde wieder in Betrieb genommen werden. Zur Bewältigung der Krise müssten von der Bundesregierung über die Landesregierung bis hin zu den Städten und Kommunen alle an einem Strang ziehen, forderte der Ministerpräsident: „Ziel muss es sein, jeden einzelnen Haushalt und jedes einzelne Unternehmen sicher durch die Krise zu bringen.“

Der Landtag lehnte sowohl einen Entschließungsantrag zur Raffinerie in Schwedt (Drucksache 7/6273) als auch einen Antrag zur Errichtung eines Schutzschirms (Drucksache 7/6211) der Fraktion DIE LINKE mehrheitlich bei Enthaltungen ab.

Blick in den Plenarsaal zu Beginn der Aktuellen Stunde auf Antrag der SPD-Fraktion
Blick in den Plenarsaal zu Beginn der Aktuellen Stunde auf Antrag der SPD-Fraktion
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