Landtag debattiert über aktuelle Corona-Lage im Land

Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke eröffnete die Aussprache zur aktuellen Corona-Lage in der 54. Sitzung des Landtages.
Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke eröffnete die Aussprache zur aktuellen Corona-Lage in der 54. Sitzung des Landtages.
© Landtag Brandenburg
Potsdam, 17. November 2021. Der Landtag hat sich mit großer Mehrheit für eine konsequente Eindämmung der Corona-Pandemie und dazu für eine weitere Impfkampagne ausgesprochen. Zu Beginn der 54. Plenarsitzung am Mittwoch zeichnete Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke ein dramatisches Bild der Lage im Land. Infolge des starken Anstiegs der Infektionszahlen werde das Gesundheitssystem in Brandenburg immer stärker belastet, „vor allem durch Ungeimpfte“. Impfwillige müssten deshalb unkompliziert ein Angebot zur Immunisierung gegen das Corona-Virus SARS-CoV2 erhalten. Ebenso seien die jüngst verschärften Eindämmungsmaßnahmen der Landesregierung notwendig, etwa 2G in der Gastronomie, Maskenpflicht auch in Grundschulen und Kontaktbeschränkungen. „Ein weiteres Abwarten war nicht zu verantworten“, so der Ministerpräsident, der zugleich die Pläne im Bund für eine Aufhebung der epidemischen Lage nationaler Tragweite als „falsches Signal“ kritisierte. Es komme auch auf das Verhalten jedes Einzelnen an, sagte Woidke: „Wir brauchen schnelles und entschlossenes Handeln, Solidarität und Gemeinsinn.“ Er appellierte an die Verantwortung aller und sprach dabei auch die AfD-Fraktion direkt an.

Deren Vorsitzender Dr. Hans-Christoph Berndt räumte ein: „Wir haben alle Verantwortung, Herr Ministerpräsident Woidke, da haben Sie recht.“ Er unterstellte aber den Regierenden in Bund und Land „puren politischen Wahnsinn“, weil sie mit denselben Mitteln wie bisher gegen die Pandemie vorgingen. „Statt in sich zu gehen und nach Fehlern zu suchen, verbreiten Sie weiter Angst“, so der AfD-Fraktionschef und fügte hinzu: „Es gibt keine COVID-bedingte Übersterblichkeit in Deutschland.“ Die Impfstoffe seien „Schrott“, die Einschränkungsmaßnahmen nutzlos. „Die beste Corona-Prophylaxe ist eine Abkehr vom Corona-Diktat“, sagte Berndt. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Daniel Keller betonte, aus moralischen Gründen und wegen der Solidarität gebe es sehr wohl eine Pflicht, sich impfen zu lassen. Außerdem müssten die verschärften Maßnahmen von den Behörden auch durchgesetzt werden. „Das Zusammenspiel von Eigenverantwortung und Kontrolle hilft uns durch die schwere vierte Welle“, sagte der SPD-Fraktionschef. Der AfD warf er vor, mit ihren Zweifeln an der Corona-Gefahr die Beschäftigten auf Intensivstationen der Lüge zu bezichtigen. „Das ist nicht hinnehmbar, Herr Dr. Berndt“, mahnte Keller.

Für die Fraktion DIE LINKE stimmte der Vorsitzende Sebastian Walter den Zielen der rot-schwarz-grünen Regierungskoalition zu, hielt ihr jedoch schwere Fehler und Versäumnisse vor. „Diese Situation ist nicht vom Himmel gefallen, sondern auch Folge Ihrer Politik“, sagte er an Woidke gewandt. Es gebe in Brandenburg ein „beispielloses und seit zwei Jahren anhaltendes Politikversagen.“ So betrage die Quote der Auffrischungsimpfungen nur ein Drittel jener in Berlin. Walter plädierte dafür, mit einer 2G+-Regelung die Geimpften ebenfalls auf eine Infektion zu testen. Klar sei aber auch: „Wer sich nicht impfen lässt, bringt andere in Gefahr.“ Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Jan Redmann warf der AfD-Fraktion vor, die Corona-Risiken zu verharmlosen und Menschen zu manipulieren. „Was hier versagt, ist nicht der Impfstoff, sondern Ihre Rechenfähigkeiten“, sagte er in Richtung Berndts. Die AfD erwarte, dass der Staat bei gesundheitlichen Problemen helfe, obwohl sich viele ihrer Mitglieder dem Schutz durch Impfung verweigerten. „Impfen mag eine individuelle Entscheidung sein – das Abwälzen der Risiken ist es nicht“, so Redmann mit Blick nach rechts. „Was Sie tun, ist verantwortungslos.“

Für die Fraktion BVB/FREIE WÄHLER forderte der Vorsitzende Péter Vida einen Ausbau der Testkapazitäten in Brandenburg. Die meisten an oder mit Corona Verstorbenen seien 70 Jahre oder älter gewesen. Diese vulnerable Gruppe gelte es daher zu schützen, nicht aber alle anderen einzuschränken. Bei den Booster-Impfungen wiederholten sich frühere Fehler der Impfkampagne: „Nun rächt sich, dass man auch hier nicht vorausschauend und vorbeugend gehandelt hat“, sagte Vida. Die Gesundheitspolitikerin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Carla Kniestedt, äußerte vor dem Hintergrund eines konkreten Falles Verständnis für die persönliche Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen. Hingegen sei eine Impfpflicht für Beschäftigte in Pflegeinrichtungen und Krankenhäusern, Kitas und Schulen zu erwägen. „Darüber muss diskutiert werden – aber bitte sachlich und überlegt“, sagte Kniestedt. Die verschärften Eindämmungsmaßnahmen begrüßte sie: Nach ihrer Erfahrung seien die Menschen bereit, Regeln zu akzeptieren – „auch 2G und 3G“.

Mit jeweils großer Mehrheit lehnte der Landtag zwei Anträge der Fraktion DIE LINKE (Drucksache 7/4485 Neudruck und 7/4493 Neudruck) und einen Antrag der AfD-Fraktion (Drucksache 7/4487) ab.