Landtag debattiert über Migrations- und Integrationspolitik

Potsdam, 22. Februar 2023. Der Landtag Brandenburg hat in einer Aktuellen Stunde kontrovers über Fragen der Migrations- und Integrationspolitik debattiert. Dabei ging es neben grundsätzlichen Haltungen zum Thema Einwanderung und dem Schutz für Geflüchtete auch um die Frage, wie die Kommunen vor einer Überlastung bewahrt werden können.

Die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Masseneinwanderung nach Brandenburg“ wurde turnusgemäß beantragt von der AfD-Fraktion. Deren Vorsitzender Dr. Hans-Christoph Berndt bezeichnete die aktuelle Migrationspolitik als „von Grund auf falsch“. Er verwies auf Proteste von Kommunen und Landkreisen und sagte: „Grenzenlose Einwanderung hat verheerende Folgen für die innere Sicherheit und die soziale Gerechtigkeit.“ In Richtung der Landesregierung und der anderen fünf im Landtag vertretenen Fraktionen sagte er: „Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie Umvolkungsvertreter sein oder Volksvertreter?“ Björn Lüttmann von der SPD-Fraktion verwies darauf, dass Brandenburg im vergangenen Jahr 40.000 Geflüchtete aufgenommen habe. Er lobte den solidarischen Einsatz vieler Brandenburgerinnen und Brandenburger: „Mehr Bereitschaft geht kaum!“ Lüttmann mahnte eine differenzierte Betrachtung der Lage an und betonte, dass Arbeitsmigration die Fluchtmigration in Deutschland bei Weitem übersteige. Von der Bundesebene forderte er eine bessere Steuerung von Migration und Integration; auch auf EU-Ebene bleibe viel zu tun.

Andrea Johlige von der Fraktion DIE LINKE warf der AfD-Fraktion vor, Angst schüren und aus der Situation politisches Kapital schlagen zu wollen. Bestehende Probleme in den Bereichen Wohnen, Bildung und Integration hätten nicht die Flüchtlinge zu verantworten, sondern seien lange bekannt und hausgemacht. Die Landesregierung müsse den Kommunen mehr Mittel für die soziale Infrastruktur zur Verfügung stellen, die Schulen mit mehr Personal ausstatten, bezahlbaren Wohnraum schaffen und Mietsteigerungen begrenzen. Barbara Richstein von der CDU-Fraktion sprach von einer „sehr angespannten Lage“. Die kommunale Ebene benötige „rasch Abhilfe“. Richstein betonte, dass Brandenburg die Probleme nicht alleine lösen könne. Nötig sei eine stärkere Sicherung der EU-Außengrenzen. Wer keine Bleibeperspektive habe, solle nicht auf die Kommunen verteilt, sondern in einer zentralen Aufnahmeeinrichtung untergebracht werden. Die Rückführung ausreisepflichtiger Personen müsse beschleunigt und die illegale Migration reduziert werden, forderte sie. Matthias Stefke von der Fraktion BVB/FREIE WÄHLER betonte, dass von den 30.000 in Brandenburg angekommenen ukrainischen Geflüchteten etwa drei Viertel in privaten Haushalten aufgenommen worden seien. „Das ist gelebte Humanität!“, sagte Stefke. Der AfD warf er vor, die Themen Einwanderung und temporäre Aufnahme von Zufluchtsuchenden zu vermischen. Die Landesregierung forderte er dazu auf, die Hilferufe der Kommunen ernst zu nehmen. Carla Kniestedt von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisierte den Titel der Aktuellen Stunde als „irreführend“. Von Masseneinwanderung könne mit Blick auf 2022 keine Rede sein, da es nicht um Einwanderung, sondern um Flucht vor Krieg und Perspektivlosigkeit gegangen sei. Die Unterbringung der Geflüchteten sei eine „große Herausforderung“; Sorgen von Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger müssten ernstgenommen werden. Zudem kritisierte Kniestedt die Dauer von Einbürgerungsverfahren als zu langwierig.

Für die Landesregierung sprach Innenminister Michael Stübgen. Mit Blick auf Migrationspolitik gebe es „zwei extreme politische Positionen“, sagte er: „‚Jeder kann kommen und alle sollen bleiben‘ und ‚Keiner soll kommen und niemand darf bleiben‘“. Beide Positionen seien „grundfalsch – die eine weltfremd, die andere menschenverachtend“. Etwa 1,8 Millionen Geflüchtete seien in den vergangenen beiden Jahren in Deutschland aufgenommen worden; weitere 600.000 bis 700.000 Menschen seien 2023 zu erwarten. Die Aufnahmeeinrichtungen seien „am Limit“. Stübgen mahnte: „Wir müssen jetzt auf allen Ebenen aktiv werden, um einen drohenden Migrationskollaps zu verhindern.“ An einer „Migrationsbremse“ werde man dabei nicht vorbeikommen. Hierzu gehöre auch eine Rückführungsoffensive, entscheidend sei aber eine Verringerung der illegalen Migration, so der Minister.

Einen Entschließungsantrag der AfD-Fraktion (Drucksache 7/7260) lehnte der Landtag mehrheitlich ab.

Blick in den Plenarsaal während der Aktuellen Stunde auf Antrag der AfD-Fraktion am 22.02.2023.
Blick in den Plenarsaal während der Aktuellen Stunde auf Antrag der AfD-Fraktion am 22.02.2023.
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