Landtag debattiert über Verkehrswende

Potsdam, 17. November 2022. Der Landtag Brandenburg hat in einer kontroversen Debatte darüber diskutiert, wie der Transformationsprozess hin zu einer klimaschonenden Mobilität gestaltet werden kann und sollte. In diesem Zusammenhang wurden auch grundsätzliche Positionen in Bezug auf den Klimawandel dargelegt.

Die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Klimakonferenz, Brandenburg-Monitor, Deutschland-Ticket: Alle Zeichen stehen auf Verkehrswende“ wurde turnusgemäß von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt. Ihr Ko-Vorsitzender Benjamin Raschke betonte: „Nach all den langen Debatten und Kämpfen der letzten Jahrzehnte ist klar: Die Verkehrswende in Brandenburg hat begonnen. Und sie ist nicht mehr aufzuhalten!“ Mit dem geplanten 49-Euro-Ticket werde die Teilhabe einkommensschwacher Menschen gestärkt, die sich ein eigenes Auto nicht leisten könnten und auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angewiesen seien, sagte Raschke. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion Dr. Hans-Christoph Berndt warf den Grünen „elitäre Überheblichkeit“ und „Panikmache“ vor: „Ihnen geht es nicht um die Menschen, Ihnen geht es um Weltverbesserung.“ Die Menschen sorgten sich angesichts von Inflation und steigenden Energiekosten nicht um Klimafragen, sondern um ihre finanzielle Lage, sagte er. Für die SPD-Fraktion mahnte Wolfgang Roick: „Wir entscheiden heute, wie wir morgen leben.“ Mit Blick auf Klimaschutz, Energie- und Verkehrswende sei in Deutschland und Brandenburg schon viel getan worden. Um noch schneller voranzukommen, müssten bürokratische Hürden beseitigt werden, beispielweise bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen. Andreas Büttner von DIE LINKE verwies darauf, dass seine Fraktion das Ziel der Regierungskoalition unterstütze, 60 Prozent des Verkehrsaufkommens im Umweltverbund zu erreichen (Fuß, Radverkehr, ÖPNV). „Die Frage ist: Wie setzen wir es um?“, fragte er. Beim Blick in den Haushaltsentwurf für 2023 und 2024 sei ihm „schleierhaft“, wie die Koalitionsfraktionen dieses Ziel erreichen wolle, so Büttner.

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion Dr. Jan Redmann hob hervor, dass Brandenburg mit einer Zunahme von 44,9 Prozent der Zugleistung „deutscher Meister beim Ausbau des Schienenverkehrs“ sei. Ziel sei eine „vernetzte Mobilität“, d. h. eine Verzahnung verschiedener Formen des Individualverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs. Hierfür seien auch innovative Mobilitätskonzepte gefragt wie der Dalli-Bus, ein flexibler Abholservice in Storkow, so Redmann. Für die Fraktion BVB/FREIE WÄHLER hielt Dr. Philip Zeschmann den Grünen vor, die Verkehrswende fälschlicherweise als Lösung für alle Probleme darzustellen. Sie könne jedoch keinen kurzfristigen Effekt auf die gegenwärtige Energiekrise haben, da Maßnahmen zu ihrer Umsetzung wie der Ausbau von Radwegen Jahre dauerten. Der Minister für Infrastruktur und Landesplanung, Guido Beermann, wies darauf hin, dass bei der Gestaltung der Verkehrswende sowohl die Rahmenbedingungen im ländlichen Raum als auch die im urbanen Raum berücksichtigt werden müssten. Mit dem Entwurf zum Doppelhaushalt 2023/24 werde ein „deutliches Signal“ ausgesendet: Einschließlich der Bundesmittel seien 44 Millionen Euro pro Jahr für den Radverkehr eingeplant – „eine nie dagewesene Summe“. Die Finanzierung des geplanten 49-Euro-Tickets kritisierte der Minister als „bislang nicht auskömmlich“. Hier seien Nachverhandlungen mit dem Bund nötig, sagte Beermann. Daniel Münschke von der AfD-Fraktion kritisierte die Pläne zum 49-Euro-Ticket als „Mobilitätsplanwirtschaft“, die sich nicht durchsetzen werde. Sein Fraktionskollege Lars Günther stellte den Sinn von Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausemissionen in Deutschland gänzlich infrage mit Verweis auf seinen geringen Anteil am globalen Ausstoß von Kohlendioxid. Für die SPD-Fraktion lobte Sebastian Rüter das 49-Euro-Ticket als „eine völlig neue Dimension im Ticketsystem“. Nicole Walter-Mundt von der CDU-Fraktion sagte, dass in Mobilitätsfragen auch in Zukunft immer das Auto mitgedacht werden müsse: „Das ist Brandenburg-Realität.“ Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, Axel Vogel, mahnte mit Verweis auf den aktuellen Bericht des Weltklimarats IPCC: „Wir müssen alles unternehmen, damit die Kipppunkte nicht eintreten, auch wenn das sehr schwierig wird.“

Ein Antrag der AfD-Fraktion sowie Entschließungsanträge der Fraktionen von AfD und DIE LINKE wurden mehrheitlich abgelehnt (Drucksachen 7/6588, 7/6403 und 7/6597 bitte verlinken).

Blick in den Plenarsaal zu Beginn der Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der 76. Sitzung.
Blick in den Plenarsaal zu Beginn der Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der 76. Sitzung.
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