Landtag würdigt deutsch-polnische Beziehungen

Blick in den Plenarsaal während der Rede des Botschafters der Republik Polen  S.E. Andrzej Przylebski
Blick in den Plenarsaal während der Rede des Botschafters der Republik Polen S.E. Andrzej Przylebski
© Landtag Brandenburg / Stefan Gloede
Potsdam, 17. Juni 2021. Mit einer Feierstunde im Plenarsaal hat der Landtag die Unterzeichnung des Nachbarschaftsvertrages zwischen Deutschland und Polen vor 30 Jahren gewürdigt. Präsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke sagte, das Abkommen sei „ein Meilenstein“ in den Beziehungen beider Länder und weiterhin eine wichtige Grundlage für ihren Austausch auf allen Ebenen wie auch für das Miteinander in Europa. Sie würdigte die enge deutsch-polnische Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Tourismus, Kriminalitätsbekämpfung und Wirtschaft. „Es sind die Verbindungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, die unseren Kontakt ausmachen“, fügte die Landtagspräsidentin hinzu.

Der „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit“ wurde am 17. Juni 1991 von den Regierungschefs und Außenministern beider Staaten unterzeichnet. Zeitgleich wurde die Gründung des Deutsch-Polnischen Jugendwerkes vereinbart. Ulrike Liedtke würdigte den Jugendaustausch: An den Programmen hätten bereits drei Millionen junge Menschen teilgenommen, „eine unglaubliche, beeindruckende Zahl!“ Die Parlamentspräsidentin erinnerte zudem an die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc sowie die polnische Mai-Verfassung von 1791 und betonte: „Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Demokratie, das sind heute gesamteuropäische Werte – zu unser aller Glück. Sie verbinden uns und unsere Völker. Sie ermöglichen ein gemeinsames Handeln Europas, das auf so vielen Feldern dringlicher denn je ist.“

Der Botschafter der Republik Polen, S.E. Prof. Dr. Andrzej Przylebski, hob die historische Bedeutung des Nachbarschaftsvertrages hervor, der bis heute die Beziehungen präge: „Es ist auch ein Beispiel dafür, dass Jahrhunderte von Ressentiments, sogar Hass, sich in eine freundschaftliche Nachbarschaft verwandeln können.“ Er rief dazu auf, die Opfer Polens im Zweiten Weltkrieg nicht zu vergessen. Die in Deutschland lebenden Polinnen und Polen sollten als nationale Minderheit anerkannt und der polnische Sprachunterricht auch außerschulisch stärker gefördert werden. Der Botschafter warf Medien in Deutschland vor, „anti-polnische Narrative“ zu verbreiten, und bezeichnete kritische Berichte über Polen als „Fake News“. Er wünsche sich zum 30. Jahrestag des Nachbarschaftsvertrages, „dass in Deutschland echtes Interesse an Polen entstehen möge“, an seiner Geschichte und seinem Wertesystem. Ausdrücklich lobte der Botschafter das Vorhaben mehrerer Landtagsfraktionen, die Freundschaft zu Polen in der Brandenburger Verfassung zu verankern. Dies sei auch eine Verpflichtung: „Von Freunden wird mehr verlangt als von gewöhnlichen Bekannten oder Nachbarn.“

Der Ministerpräsident und Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit, Dr. Dietmar Woidke, sagte in seiner Rede, in den zurückliegenden 30 Jahren hätten beide Länder „viel mehr erreicht, als wir zu hoffen gewagt hätten“. Es sei eine der größten Leistungen des damaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl gewesen, im Grenzvertrag mit Polen die Oder-Neiße-Grenze anzuerkennen. Zuvor schon habe Kanzler Willy Brandt mit dem Kniefall in Warschau die Versöhnung eingeleitet. Der Brandenburger Regierungschef rief dazu auf, „endlich einen zentralen Mahn- und Gedenkort zu schaffen, an dem die deutschen Verbrechen am polnischen Volk umfassend dargestellt sind“. Zugleich forderte er, den Blick nach vorne zu richten und die Beziehungen weiterzuentwickeln: „Brandenburg sieht für die Zukunft unverändert große Chancen und Potenziale im deutsch-polnischen Verflechtungsraum.“ Es gebe so viele persönliche und berufliche Beziehungen über die Grenze hinweg, „die auch mancher politischen Irritation getrotzt haben“, betonte er.

Musikalisch begleitet wurde die Feierstunde durch Aleksandra Dzwonkowska-Wawrzyniak (Polen) auf dem Marimbaphon. Im Anschluss debattierte der Landtag zu Beginn seiner 47. Plenarsitzung über einen Antrag „30 Jahre Nachbarschaftsvertrag mit der Republik Polen“ (Drucksache 7/3716 Neudruck). Damit wird die Landesregierung aufgefordert, die Beziehungen zu Polen nachhaltig zu entwickeln, bessere Verkehrsverbindungen sowie Vernetzungen in allen Bereichen zu unterstützen und „das Trennende der Grenze zu überwinden“. Der Antrag fand eine breite Mehrheit, die AfD-Fraktion enthielt sich.

Weitere Informationen und Impressionen zur Feierstunde am 17.06.2021