Plenum diskutiert über 80. Jahrestag des Kriegsendes
Potsdam, 27. März 2025. In einer Aktuellen Stunde hat der Landtag heute an den 80. Jahrestag des Kriegsendes erinnert und sich mit der historischen Bedeutung des 8. Mai 1945 befasst. Der Antrag auf die Debatte mit dem Thema „80 Jahre Befreiung vom Faschismus und Ende des Zweiten Weltkrieges – Mahnung für Frieden in unserer Zeit!“ war von der BSW-Fraktion eingereicht worden. Am Ende der Aussprache stimmten die Abgeordneten mehrheitlich dem Entschließungsantrag (Drucksache 8/737) der Koalitionsfraktionen von SPD und BSW zu. Darin wird die Landesregierung unter anderem aufgefordert, die besondere Bedeutung der Brandenburger Gedenkstätten als Ort des Mahnens und Lernens zu erhalten und zu prüfen, ob der 8. Mai im Fünfjahresrhythmus als gesetzlich anerkannter Feiertag in Brandenburg eingerichtet werden kann. Ein Entschließungsantrag der AfD-Fraktion (Drucksache 8/727), wonach unter anderem die Bezeichnung „Tag der Befreiung“ in öffentlichen Verlautbarungen zu unterlassen sein sollte, erhielt dagegen keine Mehrheit im Plenum.
Die Debatte wurde eröffnet durch den Vorsitzenden der BSW-Fraktion, Niels-Olaf Lüders, der eingangs an die Zerstörung Deutschlands und Europas durch den Zweiten Weltkrieg erinnerte: „Wir verneigen uns vor allen Opfern.“ Auch gebühre allen Veteranen „ewiger Dank“. Das BSW wende sich dagegen, die „Heldentaten der Roten Armee zu minimieren oder gar zu verleugnen“. Auch sei man infolge der Millionen Todesopfer in Polen zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen und gegenseitigem Verständnis mit dem Nachbarland verpflichtet, so Lüders: „Frieden ist keine Selbstverständlichkeit, seine Wahrung bedarf konkreter Schritte.“ Dazu gehöre es, Initiativen zu unterstützen, um wieder zu „Abrüstung und Rüstungskontrolle und dauerhaftem Frieden in Europa zu kommen“.
Der AfD-Abgeordnete Dr. Dominik Kaufner warf den damaligen Alliierten in seinem Redebeitrag Kriegsverbrechen vor und sagte: „Die deutschen Opfer alliierter Verbrechen kommen in unserer Erinnerungspolitik bisher kaum vor.“ Dies sei ein „schlimmes Versäumnis und eine Schande“. Die Ostdeutschen seien wenige Jahre nach dem Tag der Befreiung am 17. Juni 1953 auf die Straße gegen das sowjetische Regime gegangen. Viele Verbrechen seien erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erforscht worden, so Kaufner. Der AfD-Abgeordnete erinnerte auch an den Luftangriff der Briten am 14. April 1945 auf Potsdam: „Es ist an der Zeit, auch den deutschen Opfern zu gedenken und diese entsetzlichen Kriegsverbrechen nicht länger zu verharmlosen.“ In einer Kurzintervention entgegnete die SPD-Abgeordnete Elske Hildebrandt, Kaufners Ausführungen seien unerträglich und würdelos: „Sie schaffen es, in einer Aktuellen Stunde zum Thema Kriegsende nicht einmal die 60 Millionen Opfer zu erwähnen, geschweige denn die sechs Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden“, sagte sie.
Für die SPD-Fraktion sagte der parlamentarische Geschäftsführer Ludwig Scheetz, der 8. Mai 1945 sei ein Tag der Befreiung, aber nicht der Erlösung gewesen. Zu tief seien die Wunden, die der „Faschismus geschlagen hatte“. Die Schlachten um die Seelower Höhen, Halbe und Berlin gehörten zu den grausamsten Kapiteln der letzten Kriegswochen. „Deshalb ist Brandenburg auch Erinnerungsland“, mahnte Scheetz. Mit Sachsenhausen und Ravensbrück seien zwei zentrale Gedenkstätten nationalsozialistischer Verbrechen im Land Brandenburg. „Diese Orte sind keine Ruinen der Vergangenheit, sie sind Mahnmale an das, was geschehen ist und was nie wieder geschehen darf.“ Erinnerungskultur sei nichts Vergangenes, sie sei „Gegenwartspolitik und Zukunftssicherung“.
Für die CDU-Fraktion erinnerte der Abgeordnete Rainer Genilke an die historische Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäckers vor 40 Jahren und zitierte daraus: „Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.“ Das sei „Auftrag und Verantwortung zugleich“, insbesondere in Zeiten, in denen Populismus, Geschichtsvergessenheit und Extremismus weiter zunehmen würden, sagte Genilke. „Gedenken braucht Ehrlichkeit und Mut zur Differenzierung“, so der CDU-Politiker.
In der Debatte äußerte sich auch der Antisemitismusbeauftrage des Landes Brandenburg, Andreas Büttner. Er wies darauf hin, dass die Zeitzeugen der Shoah immer weniger werden: „Bald wird niemand mehr übrig sein, der uns seine tätowierte Nummer zeigen kann.“ Der Antisemitismus habe überlebt; wahre Befreiung sei der Tag, an dem kein Mensch mehr Angst haben müsse, dass er Jude sei. „80 Jahre nach der Shoah dürfen wir nicht nur erinnern, wir müssen verhindern“, sagte Büttner.
Finanz- und Europaminister Robert Crumbach machte auf die Verantwortung gegenüber den Ländern aufmerksam, die unter dem Nationalsozialismus besonders gelitten haben. „Auch deshalb sind die Beziehungen zu unserem Nachbarland Polen von so großer Bedeutung“, sagte er. Es sei eine große Errungenschaft, dass Polen und Deutschland heute so eng miteinander verbunden seien. Der 8. Mai erinnere uns heute auch daran, was für ein „Geschenk dieser grenzüberschreitende brandenburg-polnische Alltag“ sei. In der Erinnerung liege die Chance, in „Freundschaft und Verständnis mit den Nachbarn in Europa zusammenzuarbeiten, aufeinander zuzugehen und ein starkes, vereintes Europa zu schaffen“, erklärte der Minister.
Auf eine anschließende Kurzintervention des AfD-Abgeordneten Dennis Hohloch, der den 8. Mai als Tag des Leids bezeichnete, reagierte Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke und erwiderte, der 80. Jahrestag sei ein Tag der Befreiung für viele Menschen in Deutschland, in Europa und der Welt, die unter Rechtsextremismus gelitten hätten. „Nie wieder dürfen in diesem Land Rechtsextremisten Regierungsverantwortung tragen“, sagte Woidke.