Freiwillig. Sozial. Dein Jahr – das Landtagsblog
Wer bin ich?
Ich bin Hedwig, 18 Jahre alt und eine echte Brandenburgerin. Geboren und aufgewachsen bin ich im Süden Brandenburgs, wo ich 2022 mein Abitur absolviert habe. Durch das Fach „Politische Bildung“ und den Wettbewerb „Jugend debattiert“ habe ich gemerkt, dass ich ein großes politisches Interesse habe und Gefallen daran finde, mich mit Themen intensiv und kritisch auseinanderzusetzen. Dennoch konnte ich mir nie vorstellen, einmal in diesem Bereich beruflich tätig zu werden. Grund dafür ist der fehlende realistische Einblick. Durch mein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) erhoffe ich mir, diesen zu bekommen. Ich bin gespannt, was das Jahr im politischen Leben mit mir macht. Ab und zu werde ich auf dem Blog davon berichten.
FSJ-Blogeinträge
Angenommen der Ministerpräsident steht neben der Landtagspräsidentin. Wem geben Sie als erstes die Hand?
Eine der ersten Fragen, die mir zu Beginn meines FSJ-P (Freiwilliges Soziales Jahr Politik) gestellt wurden. Meine Antwort: Wenn so gefragt wird, wahrscheinlich eher der Landtagspräsidentin.
Glücklicherweise lag ich damit richtig, jedoch nicht aufgrund der veralteten Verhaltensregelung „Ladies first“, sondern weil sie laut der protokollarischen Rangliste vor dem Ministerpräsidenten steht. Dabei handelt es sich um eine faktische Vorrangstellung des demokratisch direkt legitimierten Parlaments. Einfacher gesagt: die Landtagspräsidentin ist die Vertreterin der Legislative – also des Parlaments, und dieses wird direkt vom Volk gewählt. Da wir in einer Demokratie, also in einer Herrschaft des Volkes, leben, wird die Legislative protokollarisch gesehen „höher gestellt“.
Ehrlicherweise habe ich das jedoch auch erst nach der Frage gelernt und so eine Erklärung wäre vor drei Monaten noch nicht aus meinem Wortschatz entsprungen. Das ist aber auch gar nicht schlimm, denn Ziel meines FSJ ist es schließlich, auch solche Details über den politischen Alltag kennenzulernen.
So startete ich ab September in mein Freiwilliges Soziales Jahr in der Landtagsverwaltung des Landtages Brandenburg. Angefangen mit dem klassischen „Onboarding“ und einer Führung durch das Haus bezog ich meinen Arbeitsplatz im Referat P 1 – Plenum, Präsidium und Parlamentarische Geschäftsstelle. Zugegeben ein sehr surrealer Aufstieg von dem unbequemen Holzstuhl im Klassenzimmer zum eigenen Büro im Landtag mittendrin zwischen Gesetzgebung und parlamentarischer Kontrolle der Regierung.
Die ersten drei Monate war ich damit beschäftigt, die grundlegenden parlamentarischen Abläufe kennen- und verstehen zu lernen. Das wichtigste Werkzeug des Referats P 1 ist die Geschäftsordnung des Landtages. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für die elektronische Einbringung und Verteilung von Beratungsmaterialien bspw. Gesetzentwürfe, Anträgen und Kleinen Anfragen zuständig. Zudem stehen sie den Fraktionen für Geschäftsordnungsfragen zur Verfügung und gewährleisten einen geschäftsordnungsgemäßen Ablauf der Sitzung. Heißt also salopp gesagt: Sie sind dafür zuständig, dass im Landtag alles nach rechten Dingen läuft.
Deswegen begleiten sie stets auch die PGF-Sitzungen, Präsidiums-Sitzungen und natürlich die Plenarsitzungen. Jede Fraktion hat einen sogenannten PGF (Parlamentarischen Geschäftsführer bzw. Geschäftsführerin), der für Verhandlungen mit anderen Fraktionen zuständig ist. Denn Politik läuft sehr viel auf Verhandlungsbasis. Ich selbst durfte einmal erleben, wie zackig es in so einer Sitzung abläuft und durch Kompromissbereitschaft die Sitzungszeit um fünf Stunden verkürzt werden konnte.
Vielleicht habe ich jetzt mit meinen komplizierten Beschreibungen und den vielen unbekannten Begriffen etwas vor dem FSJ abgeschreckt. Ich muss sagen, dass ich am Anfang dachte, dass ich die grundlegenden politischen Prozesse beherrsche. Dass aber noch deutlich mehr Details und juristisches Handwerk dahinterstecken, erkannte ich dann in den ersten Wochen. Durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung wurde ich schnell in die Welt der Abkürzungen hineingeführt und PGF, FGF, MLUK, MSGIV, HA, AIK, AHF gehören jetzt zu meinem täglichen Sprachgebrauch. Es ist wirklich so, dass wenn man wenige Wochen mitten in dem System steckt, die Abläufe schnell erschließbar sind. Also keine Angst: Solange ein grundlegendes politisches Interesse vorhanden ist, kann das jeder und jede schaffen.
Ein Viertel meiner Zeit im Landtag ist vergangen und ich habe das erste Mal den Bereich gewechselt. Es gibt also einiges zu berichten!
Nachdem ich in den ersten Wochen im Referat P1 sämtliche Aufgaben rund um Plenum, Präsidium und die Parlamentarische Geschäftsstelle kennengelernt habe, bin ich nun in der Stabsstelle des Landtages in den Sachgebieten Öffentlichkeitsarbeit, Presse, Protokoll und Besucherdienst/Parlamentsdidaktik unterwegs.
So vielschichtig wie es klingt, ist es auch! Hier ist einiges los und die Aufgaben sind vielfältig. Verbunden mit dem Wechsel sind natürlich auch ein neues Büro und andere Kolleginnen und Kollegen.
Angefangen bei der Öffentlichkeitsarbeit (ÖA) bekam ich einen Einblick, wie Publikationen, z. B. Flyer, entstehen. Außerdem begleitete ich Fototermine – darunter die konstituierende Sitzung eines Ausschusses – bei denen das Bildmaterial entsteht, das auf der Homepage des Landtages verwendet wird.
Zudem ist die ÖA für die Ausstellungen im Haus zuständig. Einerseits gibt es eine Jahresausstellung über mehrere Etagen, die aktuelle beleuchtet das Thema „Umwelt gestalten! Baubezogene Kunst aus der DDR im Land Brandenburg“. Andererseits gibt es auch wechselnde Ausstellungen im Eingangsbereich des Landtages, die sich auf Themen rund um das Leben, die Geschichte oder die Politik in Brandenburg beziehen.
Nach meiner Zeit in der ÖA wechselte ich in den Bereich Protokoll, der hingegen ersten Vermutungen mit Blick auf den Namen, rein gar nichts mit der Dokumentation im Landtag zu tun hat. Das Team im Bereich Protokoll ist u. a. für politische Treffen der Landtagspräsidentin mit Partnerregionen, Staatsgästen und anderen offiziellen Gästen sowie für die Kontaktpflege des Landtages zu offiziellen Einrichtungen im In- und Ausland zuständig. Zudem organisieren die Kolleginnen und Kollegen zahlreiche Veranstaltungen wie beispielsweise Gedenk- und Feierstunden oder Empfänge.
Diese Organisation erfordert viel mehr Zeit und Aufwand, als man sich vielleicht im ersten Augenblick vorstellen kann. Teilweise müssen hunderte Einladungen versendet und die Veranstaltung von der Örtlichkeit, über die Musik und das Essen bis hin zum detaillierten Ablauf geplant werden.
Ich denke, diese Art von Stress kann jeder und jede sich vorstellen, der schon einmal eine große Familienfeier organisiert hat. Diese Belastung und das Reagieren auf unvorhergesehene Ereignisse gehört bei den Kolleginnen und Kollegen des Protokolls in deutlich größerer Dimension zum Arbeitsalltag dazu.
Ich durfte sie dabei begleiten und unterstützen. So nahm ich z. B. an einem Mittagessen der Präsidentin mit der Besatzung der Fregatte Brandenburg teil.
Die Fregatte ist ein Schiff der Bundesmarine, für das Brandenburg 1994 die Patenschaft übernommen hat. Regelmäßig ist eine Delegation der Fregatte zu Besuch.
Ich begleitete auch zwei Neujahrsempfänge der Präsidentin für ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und die Landespressekonferenz – diese Veranstaltungen fanden alle in wohl bemerkt nicht einmal vier Wochen statt.
Das Protokoll organisiert und begleitet diese Ereignisse und achtet auf den aus protokollarischer Sicht korrekten Ablauf, was bei Diplomatinnen und Diplomaten oder ausländischen Staatsgästen besonders wichtig ist.
Die Stabsstelle ist ein sehr vielseitiger Bereich, der sich unter anderem auch darum kümmert, die Inhalte rund um die parlamentarischen Prozesse und den Landtag auch den Jüngsten des Landes schon so früh wie möglich näherzubringen. In diesem Rahmen bietet der Bereich Besucherdienst und Parlamentsdidaktik u. a. Kinder- und Jugendseminare, Planspiele sowie Führungen durch das Haus an. Führungen gibt es natürlich für Besuchende jeden Alters.
Außerdem erscheint schon seit mehr als 20 Jahren jährlich ein Schülerkalender des Landtages, der Schulen auf Anfrage kostenlos zur Verfügung steht, und eine noch viel größere Sammlung an kostenfreien Unterrichtsmaterialien. Die Erarbeitung des diesjährigen Schülerkalenders durfte ich begleiten und mitbestimmen, welche Inhalte im kommenden Schuljahr zur Verfügung stehen werden. Dabei war es hilfreich, dass ich vor noch nicht allzu langer Zeit selbst noch Schülerin war und deshalb sehr nah an der Zielgruppe bin.
Wer aufmerksam gelesen hat, merkt an dieser Stelle, dass noch eine entscheidende Facette der Stabsstelle in meinen Ausführungen fehlt - die Pressestelle. Diese werde ich als nächstes begleiten und hier im Blog bald darüber berichten.
Versprochen ist versprochen, deswegen berichte ich natürlich noch, wie ich die Arbeit in dem letzten Sachgebiet der Stabsstelle – der Pressestelle – erlebt habe. Die Hälfte meines FSJ ist vorbei und ich habe neue Erfahrungen gesammelt:
Wenn es um Medien und Journalismus geht, wird oft von der „vierten Gewalt“ gesprochen. Presse, Funk und Fernsehen haben einen wichtigen Auftrag in unserer Gesellschaft: Sie sollen einerseits informieren, andererseits aber auch kontrollieren, denn die Presse beobachtet ganz genau, was die drei Gewalten Legislative, Judikative und Exekutive tun, und berichtet dies der Öffentlichkeit.
Mit dieser Kontrolle geht eine unabhängige meinungsbildende Funktion einher, die den Bürgerinnen und Bürgern durch die Vielfalt und Freiheit der Berichterstattung ein neutrales Bild geben soll. Deswegen können Journalistinnen und Journalisten beeinflussende Wirkungen auf die Gesellschaft haben. Demnach ist die hohe Relevanz der Medien in einer funktionierenden Demokratie erkennbar.
Der Landtag bildet die Legislative. Um die komplexen Prozesse und aktuellen Informationen aus dem Haus möglichst vollumfänglich in die Öffentlichkeit zu bringen und bestmöglich auf Anfragen von Journalistinnen und Journalisten reagieren zu können, gibt es die Pressestelle. Hier durfte ich den Kolleginnen und Kollegen vier Wochen lang über die Schulter schauen.
Grundsätzlich sind sie die erste Ansprechstelle für Journalistinnen und Journalisten, wenn Fragen in Zusammenhang mit dem Plenum oder dem Präsidium und anderen Gremien aufkommen.
Außerdem schreiben die Mitarbeitenden der Pressestelle regelmäßig Pressemitteilungen, um die Journalistinnen und Journalisten über Aktuelles aus dem Landtag zu informieren.
Zudem verfassen sie auch alle Meldungen, die auf der Website des Landtages veröffentlicht werden. So kann sich die Öffentlichkeit auch direkt informieren.
Ich durfte den Entstehungsprozess von Presseinformationen begleiten und somit auch die Grundlagen des journalistischen Schreibens erfahren. In diesem Zuge habe ich mich selbst auch an das Verfassen einer Pressemitteilung und einer Meldung herangetastet.
Die Bürgerinnen und Bürger werden nicht nur über die Website des Landtages, sondern auch in den Sozialen Medien informiert.
Der Landtag ist präsent auf Twitter, Instagram und YouTube. Für die Betreuung der Kanäle ist ebenfalls die Pressestelle zuständig. Das ist eine sehr kreative und herausfordernde Aufgabe, da man immer wieder neue Ideen für die Umsetzung finden muss.
Im Social Media-Bereich durfte ich im Rahmen meines eigenen Formats mitwirken.
Außerdem berät die Pressestelle des Landtages die Präsidentin zum Kontakt mit Journalistinnen und Journalisten und begleitet sie auch bei Interviewterminen. So war ich beispielsweise bei einem Interview der Präsidentin mit der Jugendredaktion „DIGGA“ von Alex Berlin dabei.
Des Weiteren finden im Landtag immer dienstags die Pressekonferenzen der Fraktionen mit den Journalistinnen und Journalisten statt. Darin berichten Abgeordnete der Fraktionen über aktuelle politische Themen, und die Journalistinnen und Journalisten können Fragen an sie richten. Es ist wichtig, dass auch die Pressestelle des Landtages die Pressekonferenzen verfolgt, falls es um relevante Informationen für die Präsidentin oder die Landtagsverwaltung geht.
Man merkt also, dass die Arbeit in diesem Teil der Landtagsverwaltung vielfältig und abwechslungsreich ist. Wie oben beschrieben, ist sie für eine funktionierende Demokratie enorm wichtig. Ist die Transparenz gegenüber der Bevölkerung nicht gegeben, kann es schnell zu Missverständnissen und Missmut kommen.
So hatte ich auch nach mittlerweile sechs Monaten noch einmal einen völlig neuen Blick auf die Arbeit in der Landtagsverwaltung und kann mir nun besser vorstellen, wie viel Aufwand hinter einem einzigen Artikel oder Videobeitrag steckt. Was mich vor allem beeindruckt hat, ist wie schnelllebig und zackig die journalistische Arbeit abläuft. Da fehlt jede Spur von Langsamkeit oder Trägheit, die in Klischees von Verwaltungen oft beschrieben wird.