Landtagsneubau um einen “Hingucker” reicher

In der kommenden Woche werden die beiden aus dem Zentraloval des Schlosses Sanssouci abgeleiteten illusionistischen Pavillons im Innenhof des Landtages fertiggestellt. Dabei handelt es sich um die Realisierung des Siegerentwurfs, welcher aus dem vom Minister der Finanzen des Landes Brandenburg im Jahr 2011 ausgelobten Wettbewerbs „Kunst am Bau“  hervorgegangen ist. Die Werke des erstplatzierten Kölner Künstlers Florian Dombois tragen den Titel “Zugabe” und beeindrucken durch ihr Spiel mit Perspektive und Verzerrung. Die Pavillons thematisieren unter anderem den zeitgenössischen Gedanken der Ortsspezifik und des „Alles-kann-verschoben-werden“.  Dombois‘ Kunstwerk tritt damit aus dem Innenhof des Landtagsneubaus heraus in den Dialog mit den die Landeshauptstadt prägenden Schlössern und Gärten.

Der offizielle Einweihungstermin im Beisein des Künstlers ist aus Termingründen für Montag, den 7. Juli 2014 vorgesehen. Eine gesonderte Presse-Einladung wird rechtzeitig verschickt.

Anlässlich der Kür des Siegers im Juni 2012 hob die Jury insbesondere die Überzeugungskraft der “Zugabe” hervor. Durch die schablonenhafte Konstruktion entstehe eine offene und leichte Situation, die auf jedes kompakte Bauvolumen verzichtet und fast kulissenhaft zur Annäherung einlädt. Beide illusionistischen Pavillons spielten in Konstruktion und Bildhaftigkeit mit dem eigentlichen historischen Ort, seiner Neuformulierung und bildeten neue zeitgenössische Bezüge. Die gewählte Materialität unterstreiche einerseits den künstlichen Charakter, aber in der Fernwirkung auch die Originalität.

Hintergrund:

Kunst am Bau

Im Rahmen des staatlichen und staatlich geförderten Hochbaus ist es das Ziel des Landes Brandenburg, einen Beitrag zu einer hohen Qualität der gebauten Umwelt zu leisten. Daher wird bei öffentlichen Bauvorhaben ein Budget für Kunst am Bau zur Verfügung gestellt. Projektbezogene, speziell für den Ort geschaffene Kunstwerke sollen einen kulturellen Mehrwert für den Ort und die Architektur schaffen; gleichzeitig sind sie finanzielle Unterstützung für Kunst und Kultur im Land.

Verfahrensform

Ziel des bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerbsverfahrens war die Gestaltung des Innenhofes des neuen Landtages in den Grund- und Aufrissen des alten Stadtschlosses. Der vom Landesfinanzministerium ausgelobte Wettbewerb fand in offener Form und zwei Phasen – orientiert an den Richtlinien des Leitfadens „Kunst am Bau“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – statt. In der ersten Phase wurde von den Teilnehmern die Darstellung von Konzepten erwartet, die es dem Preisgericht ermöglichten, einerseits anonym die Entwurfsansätze mit den größten Entwicklungspotenzialen für eine Weiterbearbeitung in der zweiten Phase auszuwählen und andererseits Empfehlungen für die weitere Bearbeitung zu formulieren. In der ersten Phase wurden 100 Arbeiten eingereicht. Aus diesen wählte die Jury in ihrer ersten Sitzung am 2. März 2012 elf Arbeiten aus, die von ihren Verfassern in der zweiten Phase weiter bearbeitet wurden. Zum Abschluss fand am 13. Juni 2012 die Preisgerichtssitzung der zweiten Phase des Wettbewerbs „Kunst am Bau“ statt, bei der die Sieger ausgewählt wurden. Die erste Phase des Wettbewerbs wurde anonym durchgeführt, in der zweiten Phase hingegen wurde die Anonymität gegenüber der Wettbewerbsjury aufgehoben. Dies eröffnete dann in einem Teilnehmerworkshop die Chance zum direkten

Dialog zwischen den Künstlern und dem Preisgericht.

Jury

Neben Parlamentsvizepräsidentin Gerrit Große und Landtagsarchitekt Prof. Dr. Peter Kulka gehörten dem Auswahlkomitee  Abgeordnete aller im Landtag vertretenen Fraktionen, Vertreter der Landtagsverwaltung und des Ministeriums der Finanzen (jeweils Sachpreisrichter) sowie zahlreiche Expertinnen und Experten (Fachpreisrichter) an:

  • Leonie Baumann, Rektorin Kunsthochschule Berlin-Weißensee (Juryvorsitzende)
  • Prof. Michael Braum, Vorsitzender des Vorstands Bundesstiftung Baukultur, Potsdam
  • Daniela Dietsche, Geschäftsführerin Brandenburgischer Verband Bildender Künstler, Potsdam
  • Prof. Mischa Kuball, Freischaffender Künstler, Professor für Medienkunst an der Kunsthochschule für Medien Köln
  • Maria Ossowski, Leiterin Hauptabteilung Kultur Rundfunk Berlin-Brandenburg, Berlin
  • Sabina Grzimek, Freischaffende Künstlerin, Berlin
  • Prof. Dr. Brigitte Rieger-Jähner,Direktorin Museum Junge Kunst Frankfurt (Oder)
  • Dr. Barbara Steiner, Direktorin Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig

Realisierung des zweitplatzierten Entwurfs und Kosten

Auf Entscheidung der Jury wurde - bereits im Oktober 2013 - auch die im Wettbewerb zweitplatzierte Arbeit an der Außenfassade des Landtages umgesetzt. Seitdem ist dort der goldene Schriftzug „Ceci n’est pas un château“ der Künstlerin Anette Paul aus Potsdam zu sehen. Mit ihrem Werk bezieht sie sich auf ein berühmtes Bild einer Pfeife von René Magritte, unter das dieser die Worte „Ceci n’est pas une pipe“ setzte. Magritte problematisiert die Abbildhaftigkeit, die gemalte Pfeife ist nur ein Bild und nicht der Gegenstand. Annette Paul überträgt diese Infragestellung auf den Landtagsneubau, denn dieser ist kein Schloss („Ceci n’est pas un château“).

Für die Realisierung der erst- und zweitplatzierten Kunstwerke standen insgesamt 480.000 Euro brutto zur Verfügung. Als Preisgeld gab es daneben insgesamt 28.000 Euro. Dabei war der 1. Preis mit 11.333 Euro dotiert, der 2. Preis mit 9.333 Euro und der 3. Preis mit 7.333 Euro.

Anlage          
Konzeptbeschreibung des Künstlers Florian Dombois

Alle Informationen zum Wettbewerb im Internet unter:

http://www.phase1.de/projects_landtag-brandenburg-kunst-am-bau.htm