UN-Women-Flagge weht im Innenhof des Landtages: Politik setzt Zeichen gegen Gewalt an Frauen

Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke und Frauenministerin Ursula Nonnemacher haben heute im Innenhof des Landtages Brandenburg gemeinsam mit den frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen und dem Frauenpolitischen Rat Brandenburg die neue Flagge von UN-Women mit der Aufschrift „Wir sagen NEIN zu Gewalt gegen Frauen“ gehisst. Damit beteiligt sich der Landtag zum sechsten Mal am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen.

Dazu erklärte Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke: „135 Frauen sind 2019 in Deutschland von ihrem (Ex-)Partner getötet worden oder an den Folgen von Misshandlung gestorben. Für diese Opfer stehen heute im Innenhof des Landtages rote Schuhe: ein Paar für jede durch Femizid gestorbene Frau. Erschreckend viele Frauen sind von Gewalt betroffen, und die Dunkelziffer ist hoch. Den Betroffenen zu helfen, in der akuten Notlage wie auch langfristig hinterher – das ist die eine große Aufgabe. Die zweite, mindestens ebenso wichtige Aufgabe ist, die Gewalt einzudämmen, ihr möglichst wirksam vorzubeugen. Dazu gehört eine erhöhte Aufmerksamkeit aller für häusliche Gewalt. Wegsehen darf keine Option sein, für niemanden, weder für Angehörige noch für Nachbarn oder Freunde.“

Frauenministerin Ursula Nonnemacher sagte in ihrer Ansprache: „Besonders schockiert haben mich in diesem Jahr gleich mehrere Femizide – Frauenmorde während der Zeit des Lockdowns in Brandenburg. Wir wissen noch nicht abschließend, ob durch Corona und die vermehrte Isolation auch die häusliche Gewalt gestiegen ist. Erste wissenschaftliche Untersuchungen legen das allerdings nahe. Klar ist: Corona hat die Schwachstellen im Hilfesystem schonungslos aufgedeckt. Es bedarf dringend eines bundesgesetzlich festgeschriebenen Anspruchs für jede betroffene Frau auf unkomplizierten, schnellen Zugang zu Hilfsangeboten. Unterstützung muss für alle Frauen zugänglich sein, unkompliziert, barrierefrei, ohne sprachliche Hürden. Gewalt an Frauen ist keine Privatsache.“

Claudia Sprengel, Sprecherin des Frauenpolitischen Rates Land Brandenburg e. V., mahnte: „Um Gewalt gegen Frauen bis hin zu ihrer Tötung (Femiziden) zu bekämpfen, braucht es nachhaltige Präventionsarbeit. Wenn die Frage kommt, ‚Warum ist sie nicht früher gegangen?‘, darf die Antwort niemals sein, ‚weil kein Platz frei war‘. Mit einem Frauenhausfinanzierungsgesetz in Brandenburg kann die Landesregierung flächendeckende und ausfinanzierte Schutz-einrichtungen und Beratungsstellen vorhalten und damit die Istanbul-Konvention erfüllen."

Für die von Gewalt betroffenen Frauen gibt es in Brandenburg 22 Frauenhäuser und Schutzwohnungen sowie zwei zusätzliche Fachberatungsstellen. Insgesamt stehen 286 Plätze in 127 Räumen für schutzbedürftige Frauen und ihre Kinder zur Verfügung.

Bundesweit waren 2019 etwa 115.000 Frauen von Partnerschaftsgewalt betroffen. Durchschnittlich jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann seine (Ex-)Partnerin zu töten; jeder dritte Versuch endet tödlich für die Frau. Laut „Lagebild Häusliche Gewalt 2019“ des Landeskriminalamtes Brandenburg waren im vergangenen Jahr 3.008 Frauen in der Region Gewalt ausgesetzt (2018: 3.131 Frauen). Hauptursache für den leichten Rückgang 2019 sind die gesunkenen Fälle von Körperverletzung und Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Dagegen nahmen die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung – hierzu zählen Vergewaltigung und sexuelle Nötigung mit und ohne Todesfolge sowie sexueller Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen – um 9,1 Prozent auf 192 Fälle zu. Die Zahl der Straftaten gegen das Leben (Mord, Totschlag) verdoppelte sich gar von sieben auf 14 Fälle.

1999 haben die Vereinten Nationen den 25. November zum „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ erklärt. Auslöser war der Fall der drei Schwestern Mirabal, die 1960 in der Dominikanischen Republik wegen ihres Widerstandes gegen Diktator Rafael Trujillo vom Militär verschleppt und ermordet wurden. Das Schwerpunktthema des Aktionstages lautet in diesem Jahr: „#meinherzgehörtmir – Gegen Zwangsverheiratung und Frühehen!“